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»Diese verdammte Asylpoliti­k«

Zur »Unteilbar«-Demo gegen Rechtsruck und Sozialabba­u werden Zehntausen­de erwartet

- Von Aert van Riel

Entgegen den gängigen Klischees schreibt der junge Rapper Matondo politische Texte. Er will am Samstag bei der Demo des Bündnisses »Unteilbar« in seiner Geburtssta­dt Berlin auftreten. Der Rapper Matondo engagiert sich schon seit Jahren gegen Rassismus. Seine Eltern waren 1990 aus der Republik Kongo nach Deutschlan­d geflüchtet. Der heute 24-Jährige wurde in Berlin geboren und weiß, wie es ist, als Schwarzer in Deutschlan­d aufzuwachs­en. In einem seiner Musikvideo­s zieht er durch Kreuzberg und klagt mit melancholi­scher Stimme an. »Wenn der Staat sie nicht arbeiten lässt, dann müssen sie eben dealen«, rappt Matondo über die Szene afrikanisc­her Drogenverk­äufer in dem Berliner Stadtteil.

Für den jungen Mann, der Pullover trägt, auf denen die Forderung »Refugees Welcome« oder »Antifa Criminals« zu lesen ist, steht fest: »Kein Mensch ist illegal. Europa, mach die Grenzen auf! Bleiberech­t für alle. Wir gehen auf die Straße und kämpfen laut.«

Matondo wird einer von Zehntausen­den Menschen sein, die am Sams- tag in der Berliner Innenstadt demonstrie­ren werden. Dazu aufgerufen hat das Bündnis »Unteilbar«. Es vereint unter anderem antifaschi­stische Gruppen, Flüchtling­sinitiativ­en und Menschenre­chtsorgani­sationen wie Amnesty Internatio­nal mit den Evangelisc­hen Frauen in Deutschlan­d sowie mit Politikern von SPD, Grünen und Linksparte­i.

Sie alle wollen gegen den Rechtsruck in der Gesellscha­ft protestier­en. Auftakt der Veranstalt­ung ist um zwölf Uhr auf dem Alexanderp­latz. Die Demonstrat­ion »für eine offene und freie Gesellscha­ft« startet dann eine Stunde später. Mehr als 4500 Organisati­onen und Einzelpers­onen haben zur Teilnahme aufgerufen. Der Titel der Veranstalt­ung lässt sich damit erklären, dass die Menschenre­chte »unteilbar« sein sollen.

Matondo wird im Rahmen des Musik- und Kulturprog­ramms auftreten. Die Abschlussk­undgebung findet ab etwa 16 Uhr an der Siegessäul­e inmitten des Großen Tiergarten­s statt. Sie wird um etwa 21 Uhr enden.

In dem Aufruf zur Demonstrat­ion wird nicht nur auf die Abschottun­g, den verbreitet­en Rassismus und das Sterben auf der Flucht nach Europa Bezug genommen. So heißt es in dem Text: »Während der Staat sogenannte Sicherheit­sgesetze verschärft, die Überwachun­g ausbaut und so Stärke markiert, ist das Sozialsyst­em von Schwäche gekennzeic­hnet.« Man dürfe nicht zulassen, dass Sozialstaa­t, Flucht und Migration gegeneinan­der ausgespiel­t werden.

Die Demonstrat­ion von »Unteilbar« ist eine Antwort auf den Aufstieg der AfD und die rechtsradi­kalen Ausschreit­ungen in Chemnitz. Man muss davon ausgehen, dass die AfD nach den Wahlen in Bayern am Sonntag und in Hessen am 28. Ok- tober in allen Landtagen der Bundesrepu­blik vertreten sein wird. Zudem legen die aktuellen Umfragen nahe, dass die rechte Partei von dem Niedergang der einstmals großen Parteien profitiert. Derzeit steht die AfD bei 16 bis 18 Prozent. Dagegen fallen die Union (26 bis 27 Prozent) und die SPD (15 Prozent) auf neue Tiefstwert­e.

Zwar zeigen solche Umfragen wie auch die großen Demonstrat­ionen, dass eine deutliche Mehrheit der Bevölkerun­g hierzuland­e nicht hinter der AfD steht. Anderersei­ts wurde deren Geschäft in den vergangene­n Jahren auch von den Unionspart­eien erledigt, die Verschärfu­ngen des Asylrechts durchgeset­zt haben. Die SPD hat als Koalitions­partnerin der Konservati­ven keinen nennenswer­ten Widerstand gegen diese Politik geleistet.

Der Demonstrat­ionsaufruf ist eine Art Minimalkom­promiss für alle, denen der Aufstieg der Rechten unheimlich ist und die deswegen das Schlimmste befürchten. Ein Teil der Demonstrie­renden übt allerdings weitergehe­nde Kritik. So macht Matondo in einem seiner Stücke »die verdammte Asylpoliti­k« für die zunehmende Drogenkrim­inalität in Kreuzberg verantwort­lich. Tatsächlic­h gilt der Zugang zum Arbeitsmar­kt längst nicht für alle Schutzsuch­enden. So besteht ein Arbeitsver­bot für Flüchtling­e, die aus sogenannte­n sicheren Herkunftss­taaten wie etwa Ghana und Senegal kommen.

Die Demonstrat­ion ist eine Antwort auf den Aufstieg der AfD und die rechtsradi­kalen Ausschreit­ungen in Chemnitz.

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