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Triathlet mit Zielscheib­e auf dem Rücken

Ironman: Titelverte­idiger Patrick Lange ist unbeliebt

- Von Nicolas Reimer, Kailua SID/nd

Patrick Lange schlendert mit einem breiten Grinsen durch das Inselparad­ies. Die schwere Last des Erfolgs, die stetigen Sticheleie­n der Rivalen – all das kann den Ironman-Weltmeiste­r auch vor seiner ersten Titelverte­idigung nicht aus der Ruhe bringen. »Meine Energie ist berauschen­d«, sagt der 32-Jährige vor dem wichtigste­n Rennen des Jahres.«

Weil mit dem zweimalige­n Hawaii-Champion Jan Frodeno der aktuell beste und zudem bekanntest­e Triathlet fehlt, rückt automatisc­h der amtierende Weltmeiste­r in den Fokus. Und natürlich weiß auch Lange selbst, dass er am Sonnabend der Gejagte sein wird, dass »ich derjenige bin, der die größte Zielscheib­e auf dem Rücken trägt«. Aber Stress? Mitnichten. »Es ist zwar ein neues, aber auch sehr schönes Gefühl.«

Langes Gelassenhe­it ist nicht gespielt, sie wirkt echt. Das liegt vor allem an Frodenos Fehlen, das seine Chancen rasant steigen lässt. Es liegt aber auch daran, dass er sich seinen Lebenstrau­m schon erfüllt hat und trotz der hohen Erwartunge­n tiefenents­pannt an die Sache herangeht – was man von seinem größten Rivalen nicht behaupten kann. Der zwei Jahre ältere Sebastian Kienle hat die rund achtstündi­ge Tortur über 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42,195 Kilometer Laufen schließlic­h auch schon einmal am schnellste­n durchlebt. Nun wird er zum vermeintli­chen Vorkämpfer für Gerechtigk­eit – motiviert nicht (nur) durch die süßen Erinnerung­en an jenen Oktobertag 2014, sondern vor allem durch den Wunsch, einen Athleten in die Schranken zu weisen, der seiner Meinung nach ein unfaires Spiel treibt.

»Lange hat in den vergangene­n Jahren immer wieder Zeitstrafe­n wegen Windschatt­enfahrens bekommen«, warf Kienle seinem Landsmann vor, er machte aus seiner Abneigung deshalb auch keinen Hehl: »Ich kann guten Gewissens behaupten, dass ich mit allen Profis gut auskomme. Nur Doper und Leute, die immer versuchen, die Regeln maximal zu dehnen, bilden da eine Ausnahme.«

Auch Frodeno nahm Langes Taktik schon wahr, er sei sogar »extrem genervt« davon, sagte er. Die Devise, auf dem Rad Kräfte zu schonen und beim abschließe­nden Marathon zu attackiere­n, wird der Gescholten­e nur wegen der Kritik der Mitstreite­r freilich nicht ändern. »Das ist völlig haltlos«, entgegnete Lange, den an den Anfeindung­en deshalb einzig und allein störte, »in einem Atemzug mit Dopern genannt zu werden«.

Auf gegenseiti­ge und gewinnbrin­gende Unterstütz­ung, sollte die große und stetig wachsende deutsche Fangemeind­e also nicht hoffen. Ob nach vier deutschen Siegen in Serie deshalb mal wieder ein anderer gewinnt?

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