nd.DerTag

Der Gehweg als tückische Stolperfal­le

Nordrhein-Westfalen: Wenn Bürger ihre Stadt verklagen

-

Köln. Eine wackelige Bodenplatt­e, ein fehlender Pflasterst­ein – und schon ist es passiert. Auch in Nordrhein-Westfalens Städten stürzen Fußgänger regelmäßig über Stolperfal­len auf Gehwegen, viele tun sich dabei ziemlich weh. Und keineswegs alle Betroffene­n wollen das als Missgeschi­ck oder unglücklic­hen Zufall abtun. Immer wieder werden die Städte von gestürzten Bürgern verklagt, wie eine dpa-Umfrage ergab. Selten allerdings mit Erfolg.

Beispiel Düsseldorf: Die Landeshaup­tstadt zählte nach Behördenan­gaben von 2015 bis 2017 zwischen zwei und vier Klagen pro Jahr. »In der Regel geht es um Personensc­häden, in denen Fußgänger über eine hochstehen­de oder kippelnde Platte gestolpert sind und sich hierbei verletzt haben«, erklärt ein Sprecher. Bei einem Prozess sei es auch darum gegangen, dass jemand im Dunkeln gegen einen Betonpolle­r gelaufen und hingefalle­n sei. Vor Gericht würden dann in der Regel Schmerzens­geld und Behandlung­skosten geltend gemacht – und mitunter auch ein Sachschade­n, etwa aufgerisse­ne Kleidung.

Die Zahl der Klagen wegen der Stürze bewegt sich in den großen NRW-Städten zwar auf niedrigem Niveau, ist aber über die Jahre relativ konstant. Gegen Köln wurden nach Angaben der Stadt 2016 acht Klagen erhoben, 2017 elf. Ähnlich sieht es im Ruhrgebiet aus. In Dortmund wurden 2016 nach Stadtangab­en fünf und im Jahr 2017 drei Klagen eingereich­t, Essen zählte 2016 fünf Klageverfa­hren und 2017 zwei. Auch Siegen wurde auf Schadenser­satz verklagt: Von 2016 bis 2018 (Stichtag: 31. August) viermal.

Von Erfolg gekrönt war das juristisch­e Vorgehen für die Gestürzten allerdings selten. Düsseldorf etwa zahlte 2017 nach Behördenan­gaben in keinem einzigen Fall, weder wegen eines Urteils noch aufgrund eines Vergleichs. 2016

Für die geringe Erfolgsquo­te der Kläger gibt es mehrere Gründe.

floss in zwei Fällen Geld. Ähnlich sieht es in Essen aus. Aus den vergangene­n beiden Jahren ist nur für 2016 eine »Teilzahlun­g« protokolli­ert, wie die Stadt mitteilt. In der Millionens­tadt Köln wurden 2016 acht Klagen von Gerichten abgewiesen, ebenso 2017. Ein Fall aus dem vergangene­n Jahr ist noch offen, bei zwei gab es Vergleiche – aber im »niedrigen Bereich«, wie die Stadt erklärt.

Für die geringe Erfolgsquo­te der Kläger gibt es mehrere Gründe. Zum einen sind die Hürden im Klageverfa­hren recht hoch. »Man muss ein Verschulde­n desjenigen nachweisen, der die Straße unterhält«, erklärt der Verkehrsre­chtler Jens Dötsch. Gibt es einen Nachweis, dass die Straße regelmäßig kontrollie­rt wurde und beim letzten Mal noch keine Kante da war, scheitert man bereits an dieser Stelle.

Und selbst wenn man ein fremdes Verschulde­n beweisen kann, kommt die nächste Schwierigk­eit. »Nicht für alle Probleme muss sofort alles getan werden – sondern immer nur im Rahmen des wirtschaft­lich Zumutbaren«, erklärt Dötsch. »Wenn die Gemeinde sagt, dass kein Geld da ist für eine Maßnahme, dann kann es auch daran scheitern. Die Gerichte sagen: Man muss nur die Maßnahmen ergreifen, die wirtschaft­lich sind.« Er selbst rate Mandanten nur zu einer Klage, wenn eine Rechtsschu­tzversiche­rung vorhanden ist. »Die Trauben hängen in diesem Bereich so hoch, dass das finanziell­e Risiko in keinem vernünftig­en Verhältnis zu dem geltend gemachten Schaden steht.«

Newspapers in German

Newspapers from Germany