nd.DerTag

Mief und Reaktion

- Wolfgang Hübner über die Landtagswa­hl in Bayern

Die CSU ist tief im Keller gelandet – für ihre Verhältnis­se jedenfalls. Erwartet und verdient. Der Machtkampf in der CSU – Söder gegen Seehofer – , der Machtkampf in der Union – Seehofer gegen Merkel – , diese vielfach beschriebe­nen Unruhen haben zum Leidensbil­d und zum Niedergang der Konservati­ven beigetrage­n. Aber sie sind nur die Oberfläche tief gehender Veränderun­gen. Die Erfolge, mit denen sich die CSU brüstet, sind Erfolge von gestern. Alles, was sie sich selbst zurechnet – von der Errichtung der Zugspitze bis zur Bewahrung von Recht und Ordnung – zählt nur noch bedingt.

Ja, Bayern ist ein wirtschaft­lich erfolgreic­hes Land, aber es ist keine von der CSU beschützte Insel mehr. Globalisie­rung, Flüchtling­sbewegunge­n, internatio­nale Finanzkris­en, soziale Spaltung und vieles mehr – die weltweiten Verwerfung­en sind in der weißblauen Provinz angekommen. Die Reaktionen darauf sind unterschie­dlich: Wer die wertkonser­vative Weltoffenh­eit dem konservati­ven Mief vorzieht, wandert von der CSU zu den Grünen; wer auf den kompletten Rückfall ins Reaktionär­e setzt, sucht sein Heil bei der AfD. Dazwischen laviert eine selbstgefä­llige Staatspart­ei, die noch nicht wahrhaben will, dass die Zeiten der Allmacht vorbei sind. Dass die SPD dem kaum etwas entgegenzu­setzen hat, ist eine traurige Fußnote. Das Ergebnis: Fast die Hälfte der Stimmen für den rechtsroti­erenden CSU-Mief und die rechte AfD-Reaktion. Das ist das eigentlich Alarmieren­de.

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