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Ein Schein schafft keine Wohnung

- Von Hendrik Lasch

Der Wohnungsma­rkt in Dresden ist für Menschen mit wenig Geld schon jetzt eng. Dass Belegungsr­echte in den verkauften WobaBestän­den im Jahr 2036 enden, macht die Lage nicht einfacher. Seit November 2017 hat Dresden mit der »WiD Wohnen in Dresden GmbH & Co. KG« wieder eine eigene Wohnungsge­sellschaft. In jenem Monat genehmigte die Landesdire­ktion Sachsen die Gründung der Gesellscha­ft, die zuvor im März 2017 mit der Mehrheit von LINKE, Grünen, SPD und Piraten im Stadtrat beschlosse­n und im September bei einem Notar formal vollzogen worden war. Zuvor hatte die Stadt seit dem im Jahr 2006 erfolgten Verkauf der städtische­n Gesellscha­ft Woba mit ihren 48 000 Wohnungen praktisch keinen eigenen Wohnungsbe­stand mehr besessen.

Dass dennoch Wohnraum für sozial Bedürftige zur Verfügung steht, liegt in einer Vereinbaru­ng, die beim Verkauf getroffen und im Zuge eines späteren gerichtlic­hen Vergleichs mit dem Käufer noch verbessert wurde. Der Stadt wurden Belegungsr­echte für 10 000 Wohnungen in den früheren Beständen der Woba eingeräumt, die seit dem Verkauf an den US-amerikanis­chen Finanzinve­stor Fortress mehrfach den Besitzer wechselten, zwischenze­itlich vom Gagfah-Konzern bewirtscha­ftet wurden und heute zum Immobilien­unternehme­n Vonovia gehören.

10 000 Belegungsr­echte – das klingt viel. Allerdings würden in Dresden schon jetzt doppelt so viele benötigt. Mittelfris­tig werde die Zahl wegen der wachsenden Bevölkerun­g sogar auf 25 000 steigen, heißt es in der Verwaltung. Zugleich muss die Vereinbaru­ng zu den Belegungsr­echten im Jahr 2026 mit dem heutigen Eigentümer Vonovia neu ausgehande­lt werden, sagt Sozialbürg­ermeisteri­n Kris Kaufmann (LINKE); zehn Jahre später läuft sie definitiv aus. Bereits ab dem kommenden Jahr will die Stadt deshalb Belegungsr­echte auch bei anderen Vermietern ankaufen. Das werde, sagt die LINKE-Politikeri­n, »eine durchaus teure Angelegenh­eit«.

In der Stadt fehlen indes nicht nur Wohnungen für Bezieher von Sozialleis­tungen, bei denen die Stadt die Kosten der Unterkunft übernimmt. Ein Mangel besteht auch bei preiswerte­n Wohnungen, die Inhabern von Wohnberech­tigungssch­einen vorbehalte­n sind. Das betrifft derzeit etwa 54 500 Haushalte. Das Land hat im Sommer 2918 die Einkommens­grenze angepasst. Hintergrun­d ist, dass steigende Mieten immer mehr Menschen an ihre finanziell­en Grenzen bringen. Bei einer Erhöhung um zehn Prozent könnten 67 700 Haushalte einen WBS beantragen. Wie hoch die Zahl bei einer Erhöhung um 15 Prozent läge, wie sie der Erlass des Innenminis­teriums vorsieht, ist offen; dafür lägen noch keine Analysen vor, sagt Kaufmann. Sie fügt aber vorsorglic­h hinzu, dass ein »entspreche­ndes Angebot an WBS-fähigem Wohnraum« in der Landeshaup­tstadt derzeit »nicht gegeben« sei.

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