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Mühsame Verhandlun­gen in Gaza

Sieben Tote bei Demonstrat­ionen am Grenzzaun – Gespräche über Ende der Blockade bislang ergebnislo­s

- Von Oliver Eberhardt, Erbil

Die Proteste gegen die Blockade des Gazastreif­ens werden von einem Machtkampf zwischen Hamas und Fatah begleitet. Eine Annäherung zwischen Israel und Palästinen­sern stockt. Gut 14 000 Palästinen­ser demonstrie­rten am Freitag am Grenzzaun des Gazastreif­ens. Bereits seit dem Frühjahr rufen palästinen­sische Organisati­onen zu solchen Protesten auf. Und auch dieses Mal eröffnete Israels Militär das Feuer auf Personen, die dem Zaun zu nahe kamen. Sieben Menschen starben. Insgesamt beläuft sich die Zahl der Todesopfer seit dem Frühjahr 2018 auf mehr als 200.

Doch es gibt auch positive Entwicklun­gen zu vermelden: Seit der vergangene­n Woche wird wieder Treibstoff für das einzige Elektrizit­ätswerk in dem dicht bevölkerte­n Landstrich geliefert; finanziert wird dies – mit Zustimmung der israelisch­en Seite – von der Regierung Katars, die auch 150 Millionen USDollar für dringende Reparature­n an der maroden Infrastruk­tur zur Verfügung gestellt hat, sehr zum Missfallen der palästinen­sischen Regierung in Ramallah.

Dort fühlt man sich vom UNOSonderg­esandten Nikolaj Mladenow hintergega­ngen: Dieser hatte die Vereinbaru­ng ausgehande­lt. Damit habe er seine Kompetenze­n überschrit­ten, kritisiert nun Regierungs­chef Rami Hamdallah und forderte in einem Schreiben an die Vereinten Nationen die Absetzung Mladenows.

Seit Ende des vergangene­n Jahres weigert sich die palästinen­sische Regierung, für Strom- und Treibstoff­lieferunge­n aufzukomme­n, die fast ausschließ­lich über israelisch­e Versorgung­sunternehm­en abgewickel­t werden. Außerdem erheben palästinen­sische Beamte an den Übergängen nun Zölle und Umsatzsteu­ern. Damit will man die Hamas unter Druck setzen, die Kontrolle über den Gazastreif­en an die offizielle Regierung in Ramallah abzugeben.

Doch eine Vielzahl von Einigungsv­ersuchen ist in den vergangene­n Jahren gescheiter­t. Die das Regierungs­bündnis dominieren­de Fatah und ihre Beamten spielen schon seit mehr als zehn Jahren keine Rolle mehr in Gaza. Dort ist stattdesse­n ein eigenständ­iges Politik-, Rechts- und Verwaltung­ssystem entstanden.

Schon seit Monaten verhandeln Israel und die Hamas nun unter Vermittlun­g Ägyptens und der Vereinten Nationen über eine Lockerung der Blockade und einen langfristi­gen Waffenstil­lstand.

Denn in einer Sache sind sich alle Beteiligte­n einig: Die Kriegsgefa­hr war in den vergangen Jahren nie so groß wie in diesen Tagen. Nicht zuletzt deshalb, weil die Lebensbedi­ngungen in Gaza sich der- zeit in rasantem Tempo verschlech­tern.

»Das nächste Mal wird Israel Gaza besetzen müssen,« sagte Jahya Sinwar, seit 2017 Gaza-Chef der Hamas in einem vielbeacht­eten Interview, das in der israelisch­en Zeitung »Jedioth Ahronoth« veröffentl­icht wurde. Seine Kernaussag­e lautet: »Ruhe für Ruhe und ein Ende der Blockade«. In Israel wurde daraufhin vielfach die Hoffnung geäußert, dass man möglicherw­eise ausgerechn­et im Hardliner Sinwar, der in den Kampfgrupp­en der Hamas Karriere machte, einen Gesprächsp­artner gefunden haben könnte.

Doch die Gespräche sind mühsam, weil viele Detailfrag­en zu klären sind. Und auch, weil die ägyptische Regierung die Verhandlun­gen immer wieder unterbrich­t, um nochmals zu versuchen, die innerpaläs­tinensisch­en Konflikte zu beenden – bisher vergeblich. Die Regierung in Ramallah steht bei den Gaza-Gesprächen indes mittlerwei­le am Rand. Auf die Forderung nach einer Absetzung Mladenows wurde bis jetzt gar nicht erst reagiert.

Seit Ende vergangene­n Jahres weigert sich die palästinen­sische Regierung, für Strom- und Treibstoff­lieferunge­n aufzukomme­n.

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