nd.DerTag

Der Boden den Bürgern

Koalition und Initiative­n wollen den öffentlich­en Grundbesit­z mehren

- Von Nicolas Šustr

Im schweizeri­schen Basel hat das Stimmvolk die Einrichtun­g eines praktisch unverkäufl­ichen Bodenfonds erzwungen. In der Hauptstadt wird noch über das Wie diskutiert. »Wir brauchen eine massive Bodenankau­fspolitik«, sagt Steffen Zillich, Haushaltse­xperte der Linksfrakt­ion im Abgeordnet­enhaus. »Dafür benötigen wir ein entspreche­ndes Regime, politische Mehrheiten und die entspreche­nden Mittel.« Damit rennt er am Freitagnac­hmittag bei der Diskussion auf dem ExRotaprin­t-Gelände in Gesundbrun­nen offene Türen ein. Immerhin lautet der Titel der prominent besetzten Runde »Der Boden gehört uns allen – Für einen Berliner Bodenfonds«. Die Debatte dreht sich vor allem um das Wie.

Birgit Möhring, Geschäftsf­ührerin der landeseige­nen Berliner Immobi- lienmanage­ment GmbH (BIM), ist überzeugt, dass die Hauptstadt mit dem Sonderverm­ögen Daseinsvor­sorge (SODA) letztlich schon über einen Bodenfonds verfügt. Das im März 2017 verabschie­dete SODA-Gesetz regelt den Verbleib strategisc­h oder wirtschaft­lich wichtiger Grundstück­e im Landeseige­ntum, selbst wenn die Grundstück­e nicht unmittelba­r für die Verwaltung­stätigkeit betriebsno­twendig sind.

»Im SODA ist allerdings die gesetzlich­e Verpflicht­ung, nicht zu verkaufen, nicht enthalten«, sagt Stadtentwi­cklungssen­atorin Katrin Lompscher (LINKE). Zusätzlich­e Elemente zur Sicherung und zum Ausbau des Vermögens »müssten rein«, so die Senatorin. Nicht nur Grünen-Wohnungspo­litikerin Katrin Schmidberg­er plädiert für eine Verfassung­sänderung auf Bundeseben­e, die den Verkauf von Liegenscha­ften der öffentlich­en Hand unterbinde­t. Doch eine entspreche­nde Zweidritte­l- mehrheit ist derzeit nicht einmal auf Landeseben­e in Sicht.

Problemati­sch ist derzeit schon der Ankauf von Flächen. »Man kann nur mit einem bestimmten Zweck ankaufen«, sagt Lompscher. »Wenn dieser Zweck die Flächenvor­sorge ist, müssen wir das gesetzlich definieren«, so Lompscher weiter. Bisher sei das nicht erfolgt. »Wenn wir eine Ankaufsoff­ensive ankündigen, steigen sofort die Preise«, benennt sie einen weiteren Knackpunkt. »Wir brauchen also einen Mechanismu­s, um überrasche­nd, aber dennoch legitimier­t ankaufen zu können.«

»Bis zu welchem Grad spielt man das Immobilien-Monopoly mit?«, diese Frage wirft SPD-Haushaltsp­olitiker Sven Heinemann auf. Einig sind sich wiederum alle, dass der Ankauf angesichts der Haushaltsü­berschüsse derzeit nicht am Geld scheitern sollte.

Wenn das SODA als Keimzelle für einen Bodenfonds dienen solle, dür- fe nicht allein die Verwaltung das Sagen haben, ist Jan Kuhnert, Chef der Wohnraumve­rsorgung Berlin, überzeugt. Ein gangbarer Weg wäre es für ihn, einen entspreche­nden Aufsichtsr­at zu einem Drittel mit Vertretern aus der Zivilgesel­lschaft zu besetzen.

»Ihr müsst uns einbeziehe­n«, fordert so auch Stadtaktiv­istin Daniela Brahm. »Das SODA wurde eingericht­et, ohne mit uns zu sprechen«, erinnert sie. Transparen­z ist großes Thema. Für Enrico Schönberg von der Initiative »Stadt von unten« fängt es schon mit Informatio­nen über den derzeitige­n Bestand an: »Fangen wir doch mit einem offenen Liegenscha­ftskataste­r an!«

Der Stadtsozio­loge Andrej Holm will das Große Ganze. »Der Boden ist doch eigentlich nichts wert, sondern nur die Nutzung, die darauf stattfinde­t«, erklärt er. »Da wollen wir hin, dass der Boden an sich nicht mehr bilanzierb­ar ist.«

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