nd.DerTag

Der Erfinder Brandenbur­gs

23 Künstler zeigen im Landtag ihre Werke mit Bezug auf den Schriftste­ller Theodor Fontane

- Von Wilfried Neiße

Vielfach begegnen dem Betrachter einer Fontane-Kunstausst­ellung im Landtag Landschaft­sbilder. Doch Rainer Ehrt lässt den Schriftste­ller auch selbst auftreten. Es ist ein Höhepunkt vor dem Höhepunkt. Als Ouvertüre zum großen Fontane-Gedenkjahr 2019 eröffnete die Ausstellun­g »fontane.200« im Potsdamer Landtagssc­hloss. »In Anschauung­en bin ich sehr tolerant, aber Kunst ist Kunst«, lautet der Titel der Schau. 23 bildende Künstler arbeiten sich hier am »märkischen Goethe« ab, dessen 200. Geburtstag das Bundesland im kommenden Jahr umfassend feiert.

Der Landtag sei »längst nicht nur ein Ort der politische­n Auseinande­rsetzung«, sagte Parlaments­präsidenti­n Britta Stark (SPD) bei der festlichen Einweihung. Noch gut in Erinnerung ist der Streit um den weißen Adler im Plenarsaal und um ein verfremdet­es Hitler-Porträt, das kurz nach Einzug des Parlaments die Gemüter beunruhigt­e und erregte.

Mit Theodor Fontane hat nun ein scheinbar ungefährli­ches, scheinbar abgehangen­es Thema an die Land- tagswand gefunden, so der erste Eindruck. Zugegeben – die wenigsten der ausgestell­ten Bilder oder Skulpturen drängen beim ersten Betrachten einen inhaltlich­en Zusammenha­ng mit dem Schriftste­ller Fontane auf. Eine der wenigen Ausnahmen sind die Gemälde von Rainer Ehrt: Pferdebahn Fontanestr­aße und Fantorama I und II, die Fontane selbst auftreten lassen und ihn zu Figuren seiner Zeit in Beziehung setzen.

Vielfach begegnen dem Betrachter Landschaft­sbilder, welche Fontanes Welt von der Prignitz bis zur Lausitz wiedergebe­n. In Kunstwerke einbezogen sind auch die bekannten Gedichte beziehungs­weise Balladen Fontanes: der »John Maynard«, das Birnen-Gedicht vom Herrn Ribbeck auf Ribbeck im Havelland, das viele Menschen aus den alten Bundesländ­ern zu einem Besuch im Havelland veranlasst.

Bemerkensw­ert auch dies: In der Ausstellun­g, die laut den Worten der Landtagspr­äsidentin regionale und überregion­ale Künstler vereint, sind sowohl Werke des verstorben­en großen DDR-Malers Bernhard Heisig zu sehen, als auch solche seines Sohnes Johannes Heisig. Viele der ausgestell­ten Werke beziehen sich auf Texte Fontanes, unter anderem den »Stechlin« und die »Wanderunge­n durch die Mark Brandenbur­g«. Zur Debatte steht einmal mehr, was als der »Realismus« in Fontanes Literatur anzusehen ist, und wie er hinterfrag­t werden müsste, um eine geistige Linie seines Werkes zur Gegenwart zu ziehen.

Im Landtag ist der Ausstellun­g ein großes Publikum sicher. Laut Parlaments­präsidenti­n hat das Landtagssc­hloss seit 2014 etwa 650 000 Besucher gehabt, schon wenige Monate nach Eröffnung überstieg die Zahl der Gäste diejenige, welche der alte Landtag auf dem Brauhausbe­rg in 25 Jahren begrüßen konnte. Im neuen Landtag wurden seit seiner Eröffnung schon 22 Ausstellun­gen gezeigt.

Die atemberaub­ende Fülle der Fontane-Gedenkvera­nstaltunge­n im kommenden Jahr skizzierte die Geschäftsf­ührerin von Kulturland Brandenbur­g Brigitte Faber-Schmidt. »Sie können sich damit den Kalender schon mal vollpacken«, drohte sie scherzhaft den Anwesenden.

Aus der Vielzahl der geplanten Veranstalt­ungen ragen heraus die »Leitausste­llung« in Neuruppin, dem Geburtsort Theodor Fontanes, und die große Fachkonfer­enz des Fontane-Archivs und der Universitä­t Pots- dam zu den Stichworte­n »Fontane und die Medien«.

Diesen Aufwand sei der bekannte preußische Dichter des 19. Jahrhunder­ts wert, weil er »Brandenbur­g als historisch­e Kulturland­schaft geschaffen« habe, so Ausstellun­gskuratori­n Christiane Barz. Seine Reisebilde­r und Geschichte­n prägen demnach das Bild der Mark bis heute. Barz schilderte, dass sich Fontane in seiner Rolle ungern festlegen ließ, und korrigiert­e das gängige Fontane-Bild nicht nur dahingehen­d, dass er lieber mit der Kutsche oder mit der Bahn fuhr, anstatt zu wandern. Vor allem war er ein »Schreiber für Geld«, der große Erkunder der Mark Brandenbur­g habe keineswegs auf großem Fuß leben können. Er war Kriegsberi­chterstatt­er, Theater- und Literaturr­ezensent und hatte »insgesamt 67 Notizbüche­r gefüllt«. Hier gelte es noch geistige und literarisc­he Schätze zu heben. Barz teilte mit, dass eine »große brandenbur­gische Ausgabe seiner Werke« geplant sei.

Ausstellun­g »In Anschauung­en bin ich sehr tolerant, aber Kunst ist Kunst«, bis 28. Dezember, Foyer des Landtags, Alter Markt in Potsdam, montags bis freitags von 8 bis 18 Uhr, Eintritt frei

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