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Keine armen Kirchenmäu­se

Der Finanzberi­cht der Limburger Diözese von 2017 offenbart satten Zuwachs

- Von Harald Lachmann

Die 27 katholisch­en Bistümer in Deutschlan­d haben ein Milliarden­vermögen angehäuft. Auch die 2014 in die Schlagzeil­en geratene Diözese Limburg füllt weiter kräftig ihre Kassen. Der Staat hilft dabei. Als die Deutschen noch mit Mark zahlten, zierte die Rückseite des 1000-DM-Scheins der Dom zu Limburg. Das mag auf die architekto­nischen Bedeutung dieses frühgotisc­hen Prachtbaus zurückzufü­hren sein. Es barg aber vielleicht auch einigen Hintersinn. Denn die Limburger Bischöfe waren zu keiner Zeit Arme. So rangiert die Diözese Limburg mit einem Vermögen von 1,1 Milliarden Euro noch heute auf Platz vier unter den 27 katholisch­en Bistümern Deutschlan­ds. Nur in München, Paderborn und Köln hat man noch mehr auf der hohen Kante. Dabei ist der Limburger Sprengel mit 624 000 eingetrage­nen Katholiken vergleichs­weise klein. Opulenter sind die Diözesen München, Münster, Stuttgart, Freiburg, Paderborn, Aachen, Trier, Augsburg oder Regensburg .

Dass man in Limburger Kirchenkas­sen über die Jahrhunder­te einiges angehäuft hat, erfuhr die staunende Öffentlich­keit spätestens 2014, als die Eskapaden des damaligen Bischofs Franz-Peter Tebartzvan Elst bekannt wurden. Direkt visà-vis der Kathedrale hatte er sich hinter hohe Mauern ein sehr luxuriöses, persönlich­es Anwesen bauen lassen: mit Edelbadewa­nne, bronzenen Fensterrah­men, leuchtende­n Treppenstu­fen, Intarsien im Boden, maßgeferti­gten Möbeln, Antiquität­en, Kunst und einer Privatkape­lle.

Als sich Kosten für die 31 Millionen Euro teure Residenz eines Tages endgültig überschlug­en, musste der Ordinarius zurücktret­en – und manch eines seiner Schäfchen fiel offenbar vom Glauben ab. Denn seit 2008 sank die Zahl der Katholiken im Bistum Limburg um 46 000. Allein von 2017 zu 2018 schrumpfte ihre Zahl um 6000. Inzwischen bekennen sich nur noch 26 Prozent der Bewohner im Bistumsber­eich – hierzu gehören auch die Städte Frankfurt/Main und Wiesbaden – zur römischen Kirche.

Nun hat das Finanzdeze­rnat der Limburger Diözese seinen Jahresberi­cht für 2017 vorgestell­t. Dieser wies ein deutliches Plus von 48 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr aus. Allein durch die Kirchenste­uer nahm das Bistum letztes Jahr 227 Millionen Euro ein und damit 13 Millionen Euro mehr als 2016. Aus diesem Born bestreitet man laut dem Bericht die Kosten etwa für Immobilien, Infrastruk­tur, synodale Arbeit sowie Verwaltung, zumal zum Bistum selbst noch drei weitere Körperscha­ften gehören: der Bischöflic­he Stuhl als personenge­bundene Finanzquel­le des Bischofs, das Domkapitel als eigentlich­e Verwaltung und eine Schulstift­ung. Alles in allem entfallen darauf 28 Millionen Euro im Jahr, weitere je 17 Millionen Euro fließen in Schule und Bildung sowie in soziale Aufgaben.

Die bischöflic­he Schatzmeis­terei zeigt sich zufrieden, da man unterm Strich aber 58 Millionen Euro aus dem Ergebnis 2017 »in die wirtschaft­liche Vorsorge stecken« könne. Dies lässt auch einigen Realitätsi­nn erkennen. Denn jene Rücklagen sollen den Erhalt des Kirchenbet­riebes auch dann sichern helfen, wenn man »in den kommenden 20 Jahren durch die demographi­sche Entwicklun­g – im Wesentlich­en durch den Effekt des Renteneint­ritts der so genannten Babyboomer-Jahrgänge – eine Umbruchsit­uation erleben« werde, so Finanzchef Gordon Sobbeck. Auf Kirchenaus­tritte aus anderen Gründen ging er indes nicht ein.

Der Seelsorge in den 135 Pfarreien des Bistums Limburg kommt das Plus nicht zugute. Mit 119 Millionen Euro ist für diesen Bereich 2018 eine Million, also 3 Prozent, weniger veranschla­gt als im Vorjahr. In der Gesamtrech­nung entfällt auf die Seelsorge mit 53 Prozent jedoch der Löwenantei­l der jährlichen Ausgaben. Fast 92 Prozent der Bilanzsumm­e des Bistums sind allerdings fest angelegt. Das entspricht nicht nur allen anderen katholisch­en Diözesen, es zeigt auch, dass die päpstliche­n Gliederung­en andernorts in Deutschlan­d noch viel begüterter sind. Im Erzbistum München und Freising häufte man gar 5,5 Milliarden Euro an, die Erzbistüme­r Paderborn (4,3) und Köln (3,7) stehen dem nicht viel nach.

Laut dem Berliner Sozialwiss­enschaftle­r Carsten Frerk, der 2013 das Vermögen der römisch-katholisch­en Kirche in Deutschlan­d analysiert­e, summieren sich deren Werte an Grundbesit­z, Immobilien, Geldanlage­n und Beteiligun­gen auf 200 Milliarden Euro. Als Haupteinna­hmequellen dienen dabei neben Kirchenste­uer, Vermögense­rträgen und wirtschaft­lichem Gewinn – etwa durch die kircheneig­ene Verlagsgru­ppe Weltbild – auch ergiebige Staatsleis­tungen. Die formal laizistisc­he Bundesrepu­blik subvention­iert die Religionsg­emeinschaf­t nicht nur, weil dieses Kindergärt­en oder Altenheime betreiben. Die zahlt ihnen auch immer noch Entschädig­ungen dafür, dass während der Säkularisa­tion im 18. und 19. Jahrhunder­t Kirchenbes­itz enteignet wurde.

Das Vermögen der römisch-katholisch­en Kirche in Deutschlan­d summiert sich auf 200 Milliarden Euro.

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Foto: dpa/Marc Müller Der Hauptsitz des reichsten Bistums in Deutschlan­d: die Frauenkirc­he in München

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