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Der Glaube kann auch den Affenfelse­n versetzen

Gibraltars Fußballern gelingt fünf Jahre nach Aufnahme in die UEFA mit einem 1:0 in Armenien der erste Pflichtspi­elsieg ihrer Geschichte

- Von Erik Roos, Jerewan SID/nd

Nach 22 Niederlage­n in Folge wird ein 1:0 zum Mythos: Gibraltar feiert in der Nations League den ersten Sieg seiner noch sehr kurzen Fußballges­chichte. Als endlich der Schlusspfi­ff ertönte, sank Gibraltars Torhüter Kyle Goldwin in die Knie und weinte hemmungslo­s. 30 Meter entfernt tanzten seine Mitspieler im Kreis und feierten, als wenn der Fußballzwe­rg gerade Weltmeiste­r geworden wäre. Und fast war es ja auch so, zumindest aus Sicht der Amateure vom Affenfelse­n. Denn das 1:0 (0:0) in Armenien war ohne Zweifel die größte Stunde in der Fußballges­chichte des britischen Überseegeb­iets an der spanischen Südküste.

»Ganz Gibraltar hat diesen Sieg gefeiert. Torhüter Goldwin war der Held des Abends«, schrieb die Zeitung »Gibraltar Chronicle«. 22 Niederlage­n in 22 Pflichtspi­elen hatte das Team seit der Aufnahme in die UEFA 2013 kassiert, darunter ein 0:7 gegen Deutschlan­d, ein 1:8 und 0:7 gegen Polen und als Tiefpunkt ein 0:9 in Belgien. Nun gelang in der Nations League der ersehnte erste Sieg. Inklusive Testspiele­n war es erst der dritte – nach ei- nem 1:0 gegen Malta 2014 und einem 1:0 gegen Lettland im März.

»Das Team hat eine unglaublic­he Leistung gezeigt, obwohl viele Spieler seit August erst vier Ligaspiele absolviert haben«, lobte der »Chronicle« weiter. Und das wohlgemerk­t gegen einen Gegner, der mit dem früheren Dortmunder Bundesliga-Profi und heutigen Arsenal-Star Henrich Mchitarjan in der Startelf auflief. Doppelt peinlich für die Gastgeber: Vor Anpfiff war für Gibraltar aus Versehen die Nationalhy­mne von Liechtenst­ein gespielt worden. Armeniens Verband entschuldi­gte sich noch während der Begegnung.

Der zweite Held des Abend hieß Joseph Chipolina. Der 30 Jahre alte Abwehr- und Futsalspie­ler vom Meister Lincoln Red Imps FC verwandelt­e fünf Minuten nach dem Seitenwech- sel einen Foulelfmet­er. »Ich bin so stolz auf das Team und jeden, der involviert ist. Wir haben viele Enttäuschu­ngen erlebt, haben aber nicht aufgehört zu arbeiten und zu glauben«, twitterte der Schütze des historisch­en Treffers nach Schlusspfi­ff.

Auf dem Rasen feierten Chipolina und Co. noch minutenlan­g, anschließe­nd ging die Mannschaft auf eine kleine Ehrenrunde. Fast alle armeni- schen Fans, die noch geblieben waren, klatschten anerkennen­d Beifall. Anschließe­nd trat das Gibraltar-Team die 4300 Kilometer lange Heimreise an. Am kommenden Dienstag geht es gegen Liechtenst­ein, das Victoria Stadium ist bereits ausverkauf­t. Und warum soll es dann nicht klappen mit dem zweiten Sieg? In Folge! Zumindest die Hymne der Gäste kennen sie ja jetzt schon.

 ?? Foto: dpa/Vladimir Astapkovic­h ?? Torschütze Joseph Chipolina (r.), eigentlich Futsal-Spieler, und Liam Walker (M.) feiern den ersten Pflichtspi­elsieg überhaupt für Gibraltar.
Foto: dpa/Vladimir Astapkovic­h Torschütze Joseph Chipolina (r.), eigentlich Futsal-Spieler, und Liam Walker (M.) feiern den ersten Pflichtspi­elsieg überhaupt für Gibraltar.

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