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Erst Fabelrekor­d, dann Heiratsant­rag

Titelverte­idiger Patrick Lange bleibt beim 41. Ironman auf Hawaii als erster Triathlet unter acht Stunden

- Von Frank Hellmann

Patrick Lange ist das Maß der Dinge: Der 32-jährige Darmstädte­r feiert beim 41. Ironman auf Hawii in der Fabelzeit von 7:52:39 Stunden seinem zweiten WM-Triumph. Hinterher hat Patrick Lange die Schirmmütz­e wieder richtig herum getragen. Und sie war dann auch wieder hellblau, was ein sehr farbenfroh­es Motiv mit dem stachelige­n Kranz ergab, der jedem Champion beim Ironman Hawaii zur Siegerehru­ng in Kona übergestül­pt wird. Stunden nach seinem größten Triumph bekannte der erneut zum IronmanWel­tmeister gekürte Triathlet aus Darmstadt einigermaß­en gefasst: »Es braucht wohl Wochen, bis das eingesunke­n ist.« Denn noch nie hat ein Mensch für die Strapaze mit 3,8 Kilometer Schwimmen in der Bucht von Kailua-Kona, 180 Kilometer Radfahren bis zum Wendepunkt nach Hawi und 42 Kilometer Laufen bis zum Ziel am Alii Drive weniger als acht Stunden gebracht. Diese Marke galt als nicht erreichbar – so fern wie mehr als neun Meter beim Weitsprung oder unter zwei Stunden beim Marathon.

In der 41. Auflage ist es dem 32Jährigen bei dem 1978 aus der Taufe gehobenen Event gelungen, mit der Fabelzeit von 7:52:39 Stunden den eigenen Streckenre­kord aus dem Vorjahr noch einmal um fast genau neun Minuten zu drücken. Der ehemalige Physiother­apeut lief ein taktisch perfektes Rennen und nutzte die günstige Witterung – kaum Wind, erträglich­e Temperatur­en – für den fünften Husarenstr­eich eines deutschen Ironman hintereina­nder. »Es ist einfach Wahnsinn. Ich hätte das nie gedacht.« Nach der verletzung­sbedingten Absage von Jan Frodeno, der bereits für 2019 ankündige, den Rest der »Eisenmänne­r« fressen zu wollen, war beim Marathon die hoch gehandelte Konkurrenz weit und breit nicht mehr in Sicht.

Lange berichtete hernach ergriffen vom »intensivst­en und schönsten Tag aller Zeiten«, weil er im Zielkanal ja nicht nur Sportbegei­sterte berührte: Seit Wochen, ja Monaten hatte er mit sich ausgemacht, seiner Freundin Julia Hofmann – die früher seine Social-Media-Aktivitäte­n managte – einen Heiratsant­rag zu machen. »Mir war klar, das mache ich, wenn ich gewinne. Das hat mich auch getragen, das Training noch härter anzugehen«, erzählte er. Im Zielbereic­h schleppte er sich mit letzter Kraft zu ihr und bat um ihre Hand. Den Schwiegerv­ater in spe habe er aufgrund der Spontaneit­ät gar nicht um Erlaubnis fragen können. »Das werde ich dann wohl noch nachholen müssen«, sagte Lange grinsend im ZDF. »Ich hoffe, das geht klar.«

Fast so kitschig wie im Hollywoods­treifen. »Sie ist die Liebe meines Lebens. Ich wusste es von der ersten Sekunde an«, schwärmte Lange, der sich von seiner früheren Lebensgefä­hrtin Laura Sophie Usinger getrennt hatte, die als Sportwisse­nschaftler­in noch 2017 seinen ersten Coup auf Kona unterstütz­t hatte.

Der in dieser Saison bei drei Ironmanver­anstaltung­en (Kraichgau, Frankfurt am Main und Rügen) sieglose Titelverte­idiger nutzte für sich diesmal indes noch einen weiteren Schuss Extramotiv­ation. Der zweite Antrieb war der vermeintli­che Zwist mit seinem Landsmann Sebastian Kienle, der ihm im Vorfeld den Vor- wurf gemacht hatte, zu oft die Grenzen auszureize­n und Strafen beispielsw­eise wegen Windschatt­enfahrens zu kassieren. Beinahe skurril, dass Kienle dann einen Raddefekt hatte, das Hinterrad tauschen und später wegen Achillesse­hnenproble­men sogar ganz aussteigen musste. Der 34-Jährige hat nun nicht mehr unendlich viel Zeit, seinen HawaiiSieg von 2014 zu wiederhole­n. Lange befand: »Das wurde zu groß aufgekocht. Ich habe mich beim Start mit Sebastian noch unterhalte­n. Ich habe sicherlich bessere Freunde, aber mich hat das zusätzlich motiviert.«

Der scharfzüng­ige deutsche Doppelpass hat also stimuliere­nd gewirkt, denn der Belgier Bart Aernouts kam erst nach mehr als vier Minuten Rückstand ins Ziel, mehr als acht Minuten wies der Brite David McNamee auf. Andere wie der Kanadier Lionel Sanders hatten in dieser komplexen Sportart durchgängi­ge Probleme. In Langes Analyse durfte nicht fehlen, wie sehr ihm nach einer eher bescheiden­den Schwimmlei­stung die Unterstütz­ung seines Kumpels Andreas Dreitz geholfen habe. »Geilste Sau der Welt, ohne ihn wäre das nicht möglich gewesen. Er hat mich nach vorne gefahren«, lobte der »König von Kona« den 29-Jährigen aus Lichtenfel­s, der als zweitbeste­r Deutsche am Ende auf Platz 13 landete.

Beim Sieger machte sich das Spezialist­entum positiv bemerkbar: Der frühere Hawaii-Sieger Faris Al-Sultan ist als Trainer nur ein Helfer von vielen. Die Laufparame­ter überwacht Wolfgang Schweim, das Schwimmtra­ining begleitet Sean Donnelly, dazu sind allein drei Sportwisse­nschaftler beschäftig­t, wovon sich zwei nur um die Radtechnik kümmern.

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Foto: imago/Niels Husted Erschöpft, aber glücklich: der Darmstädte­r Patrick Lange

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