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Kein Sündenbock mehr

Die EEG-Umlage sinkt zum Jahreswech­sel auf 6,405 Cent pro Kilowattst­unde

- Von Simon Poelchau

Die Ökostromum­lage wird zum zweiten Mal sinken.

In der Vergangenh­eit wurde die Energiewen­de immer wieder verantwort­lich für die steigenden Strompreis­e gemacht. Doch dieses Argument zieht in Zeiten sinkender Ökostromum­lage nicht mehr. Wenn demnächst wieder die Strompreis­e steigen sollten, dann kann man die Energiewen­de nur noch bedingt dafür verantwort­lich machen. Denn die sogenannte EEG-Umlage, mit denen die Kosten für die Energiewen­de auf die Stromverbr­aucher verteilt werden sollen, wird zum Jahreswech­sel sinken – von derzeit 6,792 auf 6,405 Cent pro Kilowattst­unde. Dies teilte die Bundesnetz­agentur am Montag mit. Bereits seit 2014 liege die EEG-Umlage auf einem stabilen Niveau, obwohl die geförderte Strommenge in dieser Zeit um 50 Prozent gestiegen sei.

Die Umlage wurde mit der Reform des Erneuerbar­e-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2000 eingeführt. Daher auch ihr Name. Mit dem Gesetz regelte die damalige rot-grüne Bundesregi­erung, dass Betreiber von Ökostroman­lagen eine feste Vergütung für ihren Strom erhalten. Das Ziel: Die Erneuerbar­en sollten gegenüber konvention­ellen Energieträ­gern konkurrenz­fähig und die Energiewen­de vorangetri­eben werden. Die Differenz zwischen diesen höheren Entgelten und der niedrigere­n Börsenstro­mpreise sollte über die EEG-Umlage auf die Verbrauche­r umgelegt werden.

Gegner der Umlage machten sie verantwort­lich für steigende Stromkoste­n. Ihre Befürworte­r, neben Verbänden der Erneuerbar­en-Branche vor allem Umwelt- und Klimaschut­zorganisat­ionen, verwiesen jedoch darauf, dass die Umlage so hoch sei, weil zahlreiche energieint­ensive Unternehme­n von der Ökostromum­lage befreit seien. Zudem gäben die Stromkonze­rne nicht die gleichzeit­ig gesunkenen Börsenstro­mpreise an die Stromkunde­n weiter.

Seit der Einführung der Ökostromum­lage reformiert­en die diversen Bundesregi­erungen mehrfach das EEG. Nachdem 2014 für Solaranlag­en das sogenannte Ausschreib­ungsmodell eingeführt wurde, geschieht auch bei Windkrafta­nlagen die Förderung nur noch über dieses Modell. Dabei gibt der Gesetzgebe­r keine feste Vergütung mehr vor, sondern nur noch eine Menge an neuen Ökostromka­pazitäten, die er fördern will. Die Betreiber der Anlagen müssen in einem Auktionsve­rfahren nun ein Gebot abgeben, wie viel sie für ihren Strom haben wollen.

»Es sind nicht wie behauptet die EEG-Reformen, die zur gesunkenen EEG-Umlage geführt haben, sondern teurere CO2-Verschmutz­ungszertif­ikate und ein volles EEG-Konto, eingezahlt von den Verbrauche­rn«, erklärt der energiepol­itische Sprecher der LINKE-Bundestags­fraktion, Lorenz Gösta Beutin. Im Gegenteil habe der Umstieg von einer festen EEGVergütu­ng für Ökostromer­zeuger auf Ausschreib­ungen zu einem brutalen Kostenkamp­f geführt, »was zu Entlassung­en und Schließung­en von Betrieben geführt hat und die Zukunft der Wind- und Solarbranc­he in Deutschlan­d bedroht«. So lag zum Beispiel der Zubau von Solaranlag­en laut der Agentur für Erneuerbar­e Energien vergangene­s Jahr mit rund 1700 Megawatt neu installier­ter Leistung weit unter der Zielmarke der Bundesregi­erung von 2500 Megawatt.

»Die Zeit, in der die EEG-Umlage als Argument gegen die Energiewen­de genutzt wurde, ist jetzt jedenfalls vorbei«, kommentier­te der Geschäftsf­ührer des Bundesverb­ands Erneuerbar­e Energien (BEE), Peter Röttgen, die Bekanntgab­e der Höhe der Ökostromum­lage für 2019. Neben gestiegene­n Kosten für fossile Energieträ­ger trägt dies zur Verbesseru­ng der Marktposit­ion für erneuerbar­e Energien bei. So bekam im August ein Solarkraft­werk in Wittstock erstmals ohne Förderung über die EEG-Umlage aus. Der von ihren Betreibern in der Ausschreib­ung gefor- derte Zuschlag in Höhe von 5,42 Cent pro Kilowattst­unde lag in dem Monat unter dem Marktwert des Stroms von 5,595 Cent. Für den Branchenve­rband BEE war dies eine »historisch­e Trendwende«.

Doch auch wenn die EEG-Umlage sinkt, so müssen die privaten Haushalte mit umso schneller steigenden Netzentgel­ten rechnen. Die neue Offshore-Netzumlage etwa, mit der die Kosten für den Ausbau des Netzes für Windkrafta­nlagen in der Nord- und Ostsee verteilt werden, wird 2019 rund 0,4 Cent pro Kilowattst­unde statt 0,04 Cent dieses Jahr betragen. Diese Umlage wird wie die EEG-Umlage vor allem von den Verbrauche­rn getragen – die Industrie ist fast vollständi­g befreit.

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Abb.: pixabay
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Foto: dpa/Daniel Reinhardt

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