Australien soll Migrantenkinder aus Nauru holen
Ärzteverband fordert andere Politik
Canberra. Der australische Ärzteverband AMA hat die Regierung in Canberra aufgerufen, 80 zwangsweise auf Nauru untergebrachte Migrantenkinder von der Pazifikinsel zu holen. Die meisten der Kinder seien traumatisiert, sagte AMA-Sprecher Paul Bauert am Montag. »Sie müssen dringend untersucht und behandelt werden. Es ist ein Wunder, dass wir noch keinen Todesfall hatten«, so Bauert.
Rund 6000 Ärzte forderten in einem Brief an Premier Scott Morrison eine Änderung der harten Migrationspolitik Canberras. Asylsuchende, die auf dem Seeweg in Australien ankommen, werden seit 2013 auf die Inselrepublik Nauru sowie auf die zu Papua Neuguinea gehörende Insel Manus geschickt. Nauru liegt im Pazifik rund 3000 Kilometer nordöstlich Australiens und hat etwa 13 000 Einwohner. Dort leben derzeit rund 900 Geflüchtete; einige sitzen seit fünf Jahren fest. Canberra hat eine Änderung seiner Politik bisher abgelehnt.
Fragt man Erika Mustermann, was ihr zuerst in den Sinn kommt, wenn sie an Australien denkt, dann wird sie vermutlich sagen: die schönsten Tauch- und Surfspots der Erde. Dass die Regierung auf dem Fünften Kontinent eine restriktive Migrationspolitik fährt, von der sich selbst die »Festung Europa« noch etwas abgucken könnte, wissen dagegen nur die wenigsten. Und diese Politik hat Folgen: Seit Jahren hat kein Bootsflüchtling Asyl in Down Under erhalten. Australien, eine Nation aus Einwanderern, macht die Schotten dicht.
Um die Flüchtlingsboote aufzuhalten, geht die australische Marine auf Menschenjagd. Wird sie fündig, wird nicht lange gefackelt: Entweder die Menschen werden zurückgeschickt. Oder sie landen in Lagern auf Nauru oder in Papua Neuguinea, fernab vom australischen Festland. Vor allem für Kinder ist die Situation kaum auszuhalten: Nicht wenige der 100 Minderjährigen aus einem Lager auf Nauru stehen vor dem psychischen Kollaps, wie in einer Petition des australischen Ärzteverbandes zu lesen ist.
Ein Einlenken der Regierung in Canberra ist also höchste Eisenbahn. Falls das ausbleibt, sollten sich Erika Mustermann ernsthaft Gedanken machen, ob sie es tatsächlich mit ihrem Gewissen vereinbaren kann, das Great Barrier Reef vor der Küste Australiens zu erkunden. Schließlich spielt sich Kilometer weiter ein menschliches Drama ab.