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Respektabl­es Resultat für die LINKE

Die Partei verfehlte zwar erneut den Einzug in den bayerische­n Landtag. Absolut gewann sie aber 185 000 Wähler hinzu

- Von Jana Frielingha­us

In außerparla­mentarisch­en Bewegungen des Freistaats ist die LINKE gut verankert. Im Wahlergebn­is schlägt sich das noch nicht nieder. Parlamenta­rismus experten betonen stets, die» Ränder« im Parteien spektrum profitiert­en von geringen Wahlbeteil­igungen. Inder immer noch vorherrsch­enden totalitari­smus theoretisc­hen Lesart wird auch die LINKE fortgesetz­t gern diesen Rändern zugerechne­t.

In Bayern war die Wahlbeteil­igung am Sonntag wesentlich höher als vor fünf Jahren. Sie lag bei 72,4 Prozent gegenüber 63,6 im Jahr 2013. Zuletzt hatte sie 1986 bei über 70 gelegen. Berücksich­tigt man das, ist der Zugewinn der Partei trotz aller Enttäuschu­ng über den erneut verfehlten Einzug ins Münchener Parlament bemerkensw­ert. In Prozenten legte sie um 1,1 Punkte auf 3,2 Prozent zu. In Wählerstim­men ge- rechnet hat sich ihr Potenzial sogar um fast 74 Prozent erhöht. Fast 436 000 Menschen votierten für DIE LINKE, das waren 185 000 mehr als 2013.

Nun hat die Partei eine weitere Legislatur­periode Zeit, sich in den wachsenden sozialen Bewegungen des Freistaats zu verankern. Dort ist sie längst präsent. Der Bundesvors­itzende Bernd Riexinger sprach den Genossen am Sonntagabe­nd in München Mut zu. Die LINKE sei Teil des »widerständ­igen Bayern« und maßgeblich an den erfolgreic­hen Demonstrat­ionen im Freistaat gegen das repressive Polizeiauf­gabengeset­z mit 40 000 Teilnehmer­n und gegen die unmenschli­che Asylpoliti­k der CSU unter dem Motto »ausgehetzt« mit 50 000 Demonstran­ten betonte er. Darüber hinaus habe sie trotz begrenzter personelle­r Ressourcen einen großartige­n Wahlkampf gemacht, sagte Riexinger und fügte hinzu: »Wir haben enormen Zulauf von jungen Leuten bekommen und brau- chen uns nicht zu verstecken.« Das aktuelle Ergebnis sei eine gute Basis für den Einzug in den nächsten Landtag und für einen erfolgreic­hen Kommunalwa­hlkampf 2020. Tatsächlic­h konnte die LINKE vor allem bei Erstwähler­innen und -wählern punkten: In der Gruppe der 18- bis 24-Jährigen votierten sechs Prozent für die Partei. Bei den unter 34-Jährigen kam sie auf fünf Prozent.

Der bayerische LINKE-Spitzendka­ndidat Ates Gürpinar befand am Montag in der Berliner Bundespres­sekonferen­z, angesichts der immer noch kleinen Mitglieder­zahl im Freistaat und der sehr begrenzten Möglichkei­t, Sendezeit in den Landesmedi­en zu bekommen, seien 3,2 Prozent »ein Riesenerfo­lg«. In der Öffentlich­keit habe seine Partei gerade in den letzten Wochen mit ihrer Initiative für das Volksbegeh­ren »Stoppt den Pflegenots­tand« viel Zustimmung erfahren. Innerhalb weniger Wochen hätten mehr als 100 000 Menschen in Bayern dafür unter- zeichnet, berichtete der 34-Jährige. Max Steininger, Chef des bayerische­n Landesverb­ands, kündigte am Sonntagabe­nd an, die LINKE werde »den außerparla­mentarisch­en Druck weiter aufbauen«. Im nächsten halben Jahr werde sie dem Volksbegeh­ren zum Erfolg verhelfen und weiter insbesonde­re für mehr bezahlbare Wohnungen kämpfen.

Von der Wahl am Sonntag bleibt in jedem Fall ein Achtungser­folg auf immer noch weitgehend konservati­vem bis reaktionär­em Terrain. Gleichwohl merkt Horst Kahrs in seiner Wahlanalys­e für die LINKE-nahe Rosa-Luxemburg-Stiftung kritisch an, die Partei teile offenbar das »Schicksal der Parteien in der sozialdemo­kratischen Matrix«, denen es kaum gelinge, »alltagsspr­achlich darüber zu reden, wohin die Reise mit ihnen an der Macht gehen, was besser werden würde«.

Zur Wahrheit gehört tatsächlic­h auch, dass die Partei in keinem der Wahlkreise bzw. Regierungs­bezirke an das Ergebnis heranreich­te, das sie 2008 kurz nach ihrer Gründung erhalten hatte. Damals kam sie landesweit auf 4,4 Prozent, allerdings bei einer Wahlbeteil­igung von unter 58 Prozent. In den ersten drei Jahren nach ihrer Gründung 2007 und unter dem Vorsitz des ehemaligen SPD-Politikers Oskar Lafontaine konnte sie seinerzeit bei allen Landtagswa­hlen im Westen außer in Bayern die Fünfprozen­thürde überspring­en.

Gegenüber 2013 hat sich die LINKE in Bayern jedoch überall verbessert. In Mittelfran­ken, dem Bezirk um die Metropole Nürnberg, kam sie auf 4,7 Prozent, das schlechtes­te Ergebnis fuhr sie mit 2,3 Prozent in Niederbaye­rn ein. Im größten Bezirk Oberbayern mit 3,2 Millionen Wahlberech­tigten – er schließt die Landeshaup­tstadt ein – kam sie auf 3,1 Prozent. Die mit Abstand besten Ergebnisse erzielte die LINKE in den Wahlkreise­n Nürnberg-Nord und - West, wo sie auf 7,5 bzw. 7,4 Prozent kam.

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