nd.DerTag

Wahrheit bleibt in Malta im Dunkeln

Mord an Enthüllung­sjournalis­tin nach einem Jahr noch nicht aufgeklärt

- Von Sonia Logre, Valletta

Ein Banner flattert im Wind und fordert »Gerechtigk­eit«, am Boden stehen Blumen und Kerzen. Der Ort, an dem Daphne Caruana Galizia am 16. Oktober 2017 ermordet wurde, ist zu einer Erinnerung­sstätte für die maltesisch­e Enthüllung­sjournalis­tin geworden. Auf diesem Feld blieb ihr Auto liegen, nachdem die unter dem Wagen befestigte Bombe explodiert war. Ein Jahr nach dem tödlichen Anschlag auf die 53-Jährige sind die Auftraggeb­er des Mordes immer noch nicht gefunden. Und jenen, die Caruana Galizias Arbeit fortsetzen, schlägt heftiger Widerstand entgegen. »Wenn der Verantwort­liche feststeht, vielleicht können wir dann ruhen und sehen, dass der Gerechtigk­eit genüge getan wird«, sagt Tania Attard, eine Kämpferin für die Meinungsfr­eiheit auf der Insel.

An diesem Tag ist sie hinaus zu dem Feld gekommen, um Blumen niederzule­gen. »Ich bin sicher, dass ihnen (den Auftraggeb­ern) nicht klar war, dass das Ganze so bedeutend und internatio­nal werden würde«, sagt Attard. »Sie dachten, sie würden sie eliminiere­n und dann wäre alles besser. Doch der Schuss ist nach hinten losgegange­n.« Journalist­en aus vielen Ländern starteten nach dem Attentat das »Projekt Daphne«, das die Recherchen der Ermordeten fortführt.

Doch während im Ausland weiter recherchie­rt wird, werden die maltesisch­en Journalist­en als Verräter verunglimp­ft. Caruana Galizia schrieb auf ihrem Blog u.a. über Korruption, Geldwäsche und Vetternwir­tschaft – Skandale, in die auch Mitglieder der Regierung und des organisier­ten Verbrechen­s involviert sind. Der Malteser Manuel Delia setzt diese Arbeit fort. Er werde bedroht und auf der Straße beleidigt, sagt der Journalist und Blogger. »Je mehr Zeit vergeht, desto klarer wird uns, dass die Demokratie hier nicht wirklich funktionie­rt und der Rechtsstaa­t sich nicht durchsetzt. Der Regierung geht es nur um ihre eigene Macht und den eigenen Profit.«

Drei Männer sind angeklagt, die Autobombe installier­t und zur Explosion gebracht zu haben. Sie sitzen in Haft und warten auf ihren Prozess. An jedem 16. eines Monats halten die Unterstütz­er Galizias eine Mahnwache und fordern die vollständi­ge Aufklärung des Mordes. Doch sobald sie im Zentrum der Hauptstadt Valletta mit Bildern und Blumen an die Journalist­in erinnern, lässt die Stadtverwa­ltung diese improvisie­rten Mahnmale wieder entfernen. »Daphnes letzte Worte in ihrem Blog waren, die Situation sei verzweifel­t«, sagt Simon Busuttil, bis zum Vorjahr Chef der opposition­ellen Partit Nszzjonali­sta. »Und ich habe das Gefühl, dass die Situation heute noch verzweifel­ter ist.« Die Hintermänn­er des Mordes seien immer noch auf freiem Fuß, die von Caruana Galizia enthüllte Korruption nicht gestoppt und die verwickelt­en Personen noch an der Macht, sagt Busuttil und fordert von Brüssel sicherzust­ellen, dass in dem EU-Land Rechtsstaa­tlichkeit herrsche.

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