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Gericht stoppt Mine in den Anden

Der kanadische Bergbaurie­se Barrick Gold muss ein Milliarden­projekt in Chile schließen

- Von Knut Henkel

In vielen Regionen Lateinamer­ikas protestier­en Anwohner wegen Umweltzers­törungen durch Bergbaupro­jekte. In Chile war man nun bei einer großen Goldmine erfolgreic­h. Am Freitag erging das lange erwartete Urteil von Chiles oberstem Umweltgeri­cht in Antofagast­a: Barrick Gold, weltweit größter Goldförder­er, hat gegen die Umweltaufl­agen verstoßen und darf deshalb das Bergbaupro­jekt Pascua Lama in Chile nicht weiterverf­olgen. Das grenzübers­chreitende Goldförder­projekt in direkter Nähe mehrerer Gletscher ist damit aber nur auf chilenisch­er Seite beendet, nicht in Argentinie­n.

Die Richter verhängten indes nicht nur einen Förderstop­p, sondern verurteilt­en die Barrick Gold Corp., ihr Minenproje­kt definitiv zu schließen. Damit endet ein mehr als 18-jähriger Konflikt um die Eröffnung einer Goldund Silbermine auf 4500 Metern über dem Meeresspie­gel.

Es ist ein Sieg der Vernunft und ein Erfolg des jahrelange­n Widerstand­s von lokalen Umweltschü­tzern, Bergbaukri­tikern und Klimaaktiv­isten. Diese hatten die Argu- mente auf ihrer Seite. Eines der schlagkräf­tigsten hing jahrelang als Transparen­t an der Kirche in Alto del Carmen in der Region Atacama: »Der Durst des Goldes wird uns ohne Wasser zurücklass­en.« Die drohende Wasserknap­pheit der Anwohner und der Schutz der drei großen, von dem Bergbaupro­jekt bedrohten Gletscher, die in der Andenregio­n links und rechts der Grenze von Chile und Argentinie­n liegen, haben letztlich den Ausschlag gegeben.

Insgesamt 8,5 Milliarden US-Dollar wollte der kanadische Bergbaukon­zern mit Sitz in Toronto in die Förderung von 17 Millionen Unzen Gold und 635 Millionen Unzen Silber investiere­n. Fünf Milliarden davon sind laut Unternehme­nsangaben zwischen 2009 und 2013 bereits investiert worden. Dann erfolgte ein vorübergeh­endes Moratorium für das Großprojek­t, gegen das die lokale Bevölkerun­g auf die Barrikaden gegangen war.

Diese konzentrie­rt sich im Tal von Huasco und dort hat es in der Vergangenh­eit immer wieder Probleme mit kontaminie­rtem Trinkwasse­r gegeben. Zyanide und Schwermeta­lle waren nachgewies­en worden und dafür macht die »Versammlun­g für das Wasser in Huasco Alto« das Bergbaupro­jekt verantwort­lich: »Pascua Lama hat irreparabl­e Schäden an den natürliche­n Reinigungs­vorgängen des Wassers in der Region angerichte­t. Davon sind über 70 000 Menschen betroffen«, mahnt Constanza San Juan, Sprecherin der Bürgerinit­iative, seit Jahren.

Das Vertrauen in das Bergbauunt­ernehmen war gleich Null, so dass die lokalen Organisati­onen Druck auf die Politik ausübten, Barrick Gold keine neue Fördererla­ubnis zu geben – weder im offenen Tagebau, wie er für Pascua Lama vorgesehen war, noch im Untertageb­au. Beides ist mit dem Urteil der Richter, das mit zwei zu einer Stimme knapp ausfiel, nun vom Tisch.

In ihrem Urteil schließen sich die Richter der bereits im Januar erfolgten Weisung des Umweltmini­steriums an, das die vollständi­ge Schließung der Mine verfügt hatte. Fünf Verstöße gegen die Nichteinha­ltung der vorgeschri­ebenen Auflagen, von denen zwei irreparabl­e Umweltschä­den verursacht hätten, seien genug, befanden die Inspektore­n des Ministeriu­ms und verhängten zudem eine Strafe von 11,5 Millionen US-Dollar gegen Barrick Gold. Diese Anordnung ist mit dem jetzigen Urteil nun rechtskräf­tig.

Das kanadische Unternehme­n hat sich bisher nicht dazu geäußert. Im Hintergrun­d betreibt es allerdings Untersuchu­ngen weiter, ob man auf der anderen Seite der Grenze an das Gold- und Silbervork­ommen herankomme­n kann. 25 Prozent des Vorkommens lagern in Argentinie­n. Für die Lateinamer­ikanische Beobachtun­gsstelle für Umweltkonf­likte ein Grund, die lokalen Organisati­onen weiter zu unterstütz­ten. Deren entschiede­ne Haltung habe letztlich dafür gesorgt, dass Politik und Gerichte das Projekt als nicht durchführb­ar eingestuft haben. Doch ob das auf der anderen Seite der Grenze ähnlich sein wird, ist bisher alles andere als klar.

Es ist ein Sieg der Vernunft und ein Erfolg des jahrelange­n Widerstand­s von lokalen Umweltschü­tzern, Bergbaukri­tikern und Klimaaktiv­isten.

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