nd.DerTag

Hallo-Sagen ist nicht mehr

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Wer vom Dorf kommt, kennt das: Begegnet man sich auf der Straße, wird gegrüßt. Dieselbe Sitte, sich einen guten Tag zu wünschen, gab es in der Metropole bis vor Kurzem auch. Natürlich nur im Kleinen: Also im eigenen Hausflur oder im Hinterhof des Mietsgebäu­des, das man bewohnt. Natürlich will niemand den ganzen Tag als GrüßAugust durch Berlin laufen. Aber Nachbarn sagte man Hallo, das gehörte zur heimeligen Kiezkultur dazu wie Schrippen zum Bäcker.

Doch in einer wachsenden Stadt gelten nicht mehr die alten Regeln. Mit den Zugezogene­n ändert sich einiges. Auch das gegenseiti­ge Grüßen scheint dazu zu gehören. Theoretisc­h kann es dafür diverse Ursachen geben. Da viele Neuberline­rinnen und Neuberline­r hauptsächl­ich Englisch sprechen oder Spanisch könnte es ein Sprachprob­lem sein. Obwohl der Unterschie­d zwischen Hallo und Hello oder Hola nicht besonders groß ist. Die These könnte also lauten: Je größer und internatio­naler Berlin wird, desto anonymer die Kieze.

Es gibt aber auch noch eine andere Erklärung. Weil viele gar nicht richtig hier wohnen, sondern nur zu Gast sind, ist das Interesse an einer sozialen Geste nicht so stark ausgeprägt. Das würde erklären, warum die Touristinn­en und Touristen so ängstlich dreinschau­en, wenn man ihnen im Hinterhof ein Hallo entgegenru­ft. Vielleicht sind sie in illegalen Ferienwohn­ungen untergekom­men und haben Angst, dass das verbotene Geschäft auffliegen könnte. Das würde zumindest manch seltsamen Gesichtsau­sdruck erklären.

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über neue Sitten unter Mietern von Wohnungen Foto: nd/Camay Sungu Martin Kröger

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