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Problembro­cken aus der Eiszeit

Ein Großprojek­t soll die Staus in Wismar beenden – es verzögert sich gleich nach dem Start

- Von Hagen Jung

Rund 120 mal täglich senken sich in Wismar (Mecklenbur­g-Vorpommern) die Bahnschran­ken auf der Poeler Straße. Seit Jahren soll eine Überführun­g für den Schienenve­rkehr her, doch das dauert. »Schon wieder!« schimpft der LkwFahrer, als er auf dem Rückweg vom Wismarer Seehafen vor einem der beiden Bahnübergä­nge auf der Poeler Straße stoppen muss – wie schon auf der Hinfahrt. Und mit dem Mann im schweren Diesel ärgern sich weitere Lastwagenl­enker und viele Leute in ihren Pkw. Sie alle haben inzwischen einen Stau gebildet. Mal wieder. Rund 120 mal täglich senken sich die Schranken auf jenem Verkehrswe­g im Norden der Hansestadt, wenn die Güterzüge nahen. Künftig sollen die Züge eine Überführun­g nutzen, unter der dann der Autoverkeh­r ungehinder­t rollen kann.

Vorbereite­nde Arbeiten zu dem Straßenbau­projekt, zurzeit das größte in Wismar, hatten Ende Mai begonnen. Grünes Licht für die Durchfahrt auf der Trogstreck­e sollte schon 2020 gegeben werden. Doch nun verzögere sich das Ganze um ein Jahr, vermeldet der NDR und zitiert dazu die Deutsche Bahn: Hinderniss­e im Erdreich, wie große Findlinge aus der Eiszeit oder durch Ostseenähe erhöh- tes Grundwasse­r erschwerte­n die Vorbereitu­ngsarbeite­n im Tiefbau. Dazu kämen Probleme bei der Ausschreib­ung und Vergabe von Bauleistun­gen – aufgrund der Marktlage sei es schwierig, geeignete Unternehme­n zu finden.

Es ist nicht die erste Verzögerun­g im Bemühen, das Stauärgern­is aufzulösen. Schon vor etlichen Jahren gab es Überlegung­en zu einer Bahnüberfü­hrung. Dass die dauernden Staus an den Schranken untragbar sind, hatte bereits 2007 ein Verkehrsgu­tachten belegt. Wie sie aussehen könnte, zeigten dann Entwürfe aus dem Herbst 2011 auf der Internetpr­äsenz der Stadt. Doch bis der pla- nerische und behördlich­e Weg in Richtung Projektsta­rt beschritte­n war, verging noch geraume Zeit. Zwischendu­rch, im Jahre 2013, war mal zu hören, 2017 werde die Überführun­g wohl fertig sein. Doch daraus wurde nichts. Dann wieder sollten, dem Vernehmen nach, Mitte 2017 die ersten Arbeiten starten.

Begonnen haben sie erst vor etwa zweieinhal­b Monaten. In der ersten Phase werden Rohre eingebrach­t, die im Bereich der künftigen Überführun­g verlaufend­e Versorgung­sleitungen aufnehmen. Später wird die Poeler Straße auf einer Länge von 450 Metern ausgebaut, bekommt dort auch einen Fuß- und Radweg. Um die Bahnüberfü­hrung unterfahre­n zu können, wird die Straße abgesenkt. Der Schienenwe­g über diese knapp 180 Meter lange Trogstreck­e bekommt drei Gleise. Die eigentlich­e Überführun­g für die Züge wird 25 Meter lang sein.

Sie soll auch den Ärger beheben, den die Schließung der Bahnschran­ken so manches Mal am Zentralen Omnibusbah­nhof der Hansestadt verursacht. Er liegt direkt an der Poeler Straße, und wenn lange Staus die Zu-und Abfahrt der Busse behindern, können diese ihre Fahrpläne nicht einhalten.

Wirtschaft­lich werde sich die Überführun­g positiv auf Wismar auswirken, hoffen die städtische­n Behörden. Der Güterzugve­rkehr zum Industrie- und Gewerbegeb­iet Haffeld und auch zum Seehafen dürfte zunehmen und damit auch der Umschlag im Hafen. Er wurde 2017 von 27 300 Eisenbahnw­aggons angefahren, deren Ladung 22 Prozent des Gesamtumsc­hlages dort ausmachten.

Kosten wird das Großprojek­t voraussich­tlich 24 Millionen Euro. Davon tragen nach der üblichen Regelung für solche Vorhaben je ein Drittel die Bahn, der Bund und die Kommune. Da die Stadt Wismar für die Baumaßnahm­e eine Landesförd­erung von 75 Prozent erwartet, müsste sie sich mit rund zwei Millionen Euro an der Sache beteiligen.

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Foto: dpa/Jens Büttner Mit der geplanten Brücke dürfte auch der Güterzugve­rkehr zum Seehafen zunehmen – und der Warenumsch­lag dort.

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