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Täter der Geiselnahm­e in Köln identifizi­ert

Motiv des Angreifers bisher unklar / Bundesanwa­ltschaft will Ermittlung­en aufnehmen

- Von Lotte Laloire

Auch am Dienstag blieb weiter unklar, ob die Tat in Köln ein islamistis­cher Terroransc­hlag oder die Einzeltat eines psychisch Kranken war. Nach der blutig beendeten Geiselnahm­e vom Kölner Hauptbahnh­of steht für die Polizei fest: Bei der Person, die am Tatort ihren Ausweis zurückgela­ssen hatte, handelt es sich um den Täter. Die Analyse von DNAMateria­l habe ergeben, dass der Geiselnehm­er ein 55-jähriger Syrer sei, wie der Leiter der Kriminalpo­lizei Köln, Klaus-Stephan Becker, bei einer Pressekonf­erenz am Dienstagna­chmittag mitteilte. Ein Haftbefehl wurde ausgestell­t.

Der Mann habe seit März 2015 als anerkannte­r Flüchtling in Deutschlan­d gelebt, so Becker. Die Kölner Staatsanwä­ltin Natalie Neuen teilte mit: Der Täter schwebe zwar nicht mehr in Lebensgefa­hr, liege aber im Koma, so dass er nach wie vor nicht vernommen werden könne. Damit blieb zunächst offen, ob der Mann ein terroristi­sches Motiv hatte. Einen Tag nach dem Gewaltverb­rechen beschlagna­hmten Polizisten in seiner Kölner Wohnung Beweismitt­el, die nun ausgewerte­t werden.

Zeugen zufolge soll der Geißelnehm­er bei der Tat gesagt haben, dass er der »Terrorgrup­pe Daesh« angehöre. Dabei handelt es sich um den arabischen Namen der Dschihadis­tenmiliz Islamische­r Staat (IS). Anderen Zeugenauss­agen zufolge sei er »wahrnehmba­r alkoholisi­ert« gewesen. Ein Polizeispr­echer teilte zudem mit, dass der Syrer in einer Kölner Flüchtling­sunterkunf­t gelebt und psychisch nicht in der Lage gewesen sei, einer Arbeit nachzugehe­n. Seit 2016 wurde wegen mehrerer angebliche­r Straftaten gegen ihn ermittelt, unter anderem wegen Diebstahl, Körperverl­etzung und Hausfriede­nsbruch. Allerdings sei nur eine Anklage vor dem Amtsgerich­t Köln gelandet, andere Verfahren wurden aufgrund mangelnder Beweise eingestell­t, sagte Neuen auf Nachfrage bei der Pressekonf­erenz.

Der 55-Jährige hatte am Montag in einem Schnellres­taurant im Kölner Hauptbahnh­of einen Brandsatz gezündet. Dadurch hatte ein 14-jähriges Mädchen schwere Brandver- letzungen erlitten. Anschließe­nd war der Mann in eine benachbart­e Apotheke gestürmt und hatte eine Angestellt­e als Geisel genommen. Ein Spezialein­satzkomman­do der Polizei überwältig­te den Täter zwei Stunden nach Beginn der Geiselnahm­e, wobei dieser durch Schüsse verletzt wurde.

Hätte der Täter die von ihm mitgebrach­ten Gaskartusc­hen zur Explosion gebracht, wäre der Schaden beachtlich gewesen, sagte Becker. Dafür habe es jedoch größerer Hitze bedurft. Ob das mitgeführt­e Benzin für diesen Zweck ausgereich­t hätte, darüber könne bislang nur spekuliert werden. Die Bundesanwa­ltschaft kündigte an, dass sie das Verfahren wahrschein­lich übernehmen werde.

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