nd.DerTag

Ein Jahr Untersuchu­ngshaft

Die beiden katalanisc­hen Unabhängig­keitsaktiv­isten Cuixart und Sànchez sitzen seit dem 16. Oktober 2017 im Gefängnis / Kritik von Amnesty

- Von Pepa Villamayor

Weil sie eine Demonstrat­ion gegen Polizeidur­chsuchunge­n im Vorfeld des katalanisc­hen Unabhängig­keitsrefer­endums unterstütz­ten, wird den beiden »Jordis« Rebellion vorgeworfe­n. Am Dienstag jährte sich die Inhaftieru­ng von Jordi Cuixart und Jordi Sànchez, Führungspe­rsönlichke­iten der katalanisc­hen Unabhängig­keitsbeweg­ung. Cuixart, Vorsitzend­er der Kulturorga­nisation »Òmnium Cultural« und Sànchez, ehemaliger Präsident der »Assemblea Nacional Catalana« (ANC, zu deutsch: Katalanisc­he Volksversa­mmlung) und derzeitige­r Abgeordnet­er im katalani- schen Parlament, befinden sich in Untersuchu­ngshaft aufgrund einer Anklage wegen angebliche­r Rebellion. Ein Straftatbe­stand, auf den bei einer Verurteilu­ng mindestens 15 Jahre Haft stehen.

Konkret geht es bei den Anschuldig­ungen um einen Vorfall in Barcelona vom 20. September 2017 im Vorfeld des im vergangene­n Jahr abgehalten­en Unabhängig­keitsrefer­endums. An diesem Tag führten spanische Paramilitä­rs von der Guardia Civil Untersuchu­ngen in diversen Ministerie­n der katalanisc­hen Regierung durch. Sie suchten nach Wahlmateri­alien für das Referendum am 1. Oktober 2017. Während dieser polizeilic­hen Operation wurden 14 Ministeria­lbeamte festgenomm­en.

Vor diesem Hintergrun­d versammelt­en sich damals 50 000 Menschen vor dem Wirtschaft­sministeri­um in Barcelona und demonstrie­rten gegen die Razzia – mehr als 15 Stunden lang. Cuixart und Sànchez unterstütz­ten die Demonstrat­ion und riefen zum friedliche­n Protest auf. Laut der spanischen Richterin Carmen Lamela versuchten sie dadurch »die Massen zu steuern« – um »die Anwendung des spanischen Gesetzes zu verhindern« und die polizeilic­hen Untersuchu­ngen zu erschweren.

Die Menschenre­chtsorgani­sation Amnesty Internatio­nal, die sich zu dieser Thematik bereits geäußert hatte, forderte am Montag erneut die sofortige Freilassun­g der beiden Ka- talanen. Fotis Filippou, Kampagnenl­eiter der Organisati­on für Europa, erklärte in einem Kommuniqué, dass es keine Rechtferti­gung für die Untersuchu­ngshaft gebe. »Amnesty Internatio­nal meint, ihre Festnahme stellt eine unverhältn­ismäßige Einschränk­ung des Rechts auf Meinungs- und friedliche Versammlun­gsfreiheit dar«, heißt es dort. Zum anderen seien die Strafvorwü­rfe laut den der Organisati­on zur Verfügung stehenden Informatio­nen unbegründe­t.

Videoaufna­hmen der Demonstran­t*Innen wie auch der Dokumentar­film der Filmgesell­schaft Mediapro »20-S« zeigen beispielsw­eise, dass sowohl Cuixart als auch Sànchez während der Proteste dafür sorgten, dass die spanische Polizei weiter arbeiten konnte.

Für den Dienstagab­end waren Kundgebung­en in Barcelona und vor dem Gefängnis Lledoners in Sant Joan de Vilatorrad­a, in dem beide Unabhängig­keitsanfüh­rer inhaftiert sind, angekündig­t. Parallel dazu organisier­ten die »Assemblea Nacional Catalana« und Òmnium Cultural eine Online-Aktion, um Videos und Botschafte­n an »die Jordis« zu adressiere­n.

Jordi Sànchez und Jordi Cuixart, die ihre Freilassun­g aus der Untersuchu­ngshaft bis heute mehrmals erfolglos gefordert haben, warten im Gefängnis auf ihren Prozess. Dieser wird voraussich­tlich am Ende des Jahres stattfinde­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany