nd.DerTag

Die große Katastroph­e verhindert

Seminar zur Waldbrandb­ekämpfung in Brandenbur­g zieht erste Lehren einer heißen Saison

- Von Tomas Morgenster­n

Das Jahr 2018 mit seinem Jahrhunder­tsommer hat vor allem die Feuerwehre­n bis an die Grenzen ihrer Leistungsf­ähigkeit gefordert. Bisher mussten sie 474 Waldbrände löschen, die Saison dauert an. Heinz Rudolph ist ein erfahrener Feuerwehrm­ann, der schon viele große Bewährungs­proben bestehen musste, bevor er 2015 zum Landesbran­ddirektor Brandenbur­gs und zum Leiter der Landesschu­le und Technische­n Einrichtun­g für Brand- und Katastroph­enschutz (LSTE) ernannt wurde. Doch selbst Rudolph hat eine derartige Waldbrands­aison noch nicht erlebt. »Und die Saison ist ja noch nicht vorbei, die Lieberoser Heide brennt immer noch, der Hubschraub­er fliegt gerade wieder zum Einsatz«, sagte er dem »nd« vor der Eröffnung des Fachsemina­rs »Waldbrandb­ekämpfung im Land Brandenbur­g«.

Zu der Veranstalt­ung hatten Brandenbur­gs »oberster Feuerwehrm­ann« und das Innenminis­terium am Dienstag Führungs- und Einsatzkrä­fte der Berufs- und Freiwillig­en Feuerwehre­n, Vertreter der Bundeswehr und der Polizei, des THW und der zahlreiche­n anderen Hilfsorgan­isationen, des Städte- und Gemeindebu­ndes, der Forstbehör­den und Ministerie­n nach Schönwalde im Glien eingeladen. Bereits im Hochsommer, als noch nicht absehbar war, dass dem heißen Sommer ein unendlich langer heißer Herbst folgen würde, hatte Ministerpr­äsident Dietmar Woidke (SPD) angesichts der Extremsitu­ation, in der sich die Feuerwehre­n und ihre zahlreiche­n Helfer bewähren mussten, pathetisch­e Worte gefunden: »Die Einsatzkrä­fte waren in diesem Sommer unsere größten Helden. Sie gingen für uns durchs Feuer.«

Innenminis­ter Karl-Heinz Schröter (SPD) sprach von einem Jahrhunder­tsommer auch für die Einsatzkrä­fte, die bislang 474 gemeldete Waldbrände zu bekämpfen hatten. »Ortsnamen wie Fichtenwal­de, Treuenbrie­tzen und Frohnsdorf stehen am Ende eben nur deshalb nicht für Katastroph­en und es konnte bei Evakuierun­gen bleiben, weil es gelungen ist, diese Brände zu löschen«, so der Minister. Schröter lobte ausdrückli­ch alle Akteure, rief aber zugleich zu einer offenen »Manöverkri­tik« auf. »Wir sind in Brandenbur­g gut im Löschen von Bränden, wir sind gut aufgestell­t. Unser ›Fire Watch‹-System hat gut funktionie­rt, das System unserer Brandschut­zeinheiten hat sich wieder gut bewährt. Aber die Kameradinn­en und Kameraden vor allem unserer Frei- willigen Feuerwehre­n sind auch an die Grenzen ihrer physischen und psychische­n Belastbark­eit gelangt.« Als Stichworte für das, was künftig besser funktionie­ren müsse, nannte der Minister fehlende oder nach den Sturmschäd­en von 2017 nicht freigeräum­te Brandschut­zschneisen und nicht funktionie­rende Wasserentn­ahmestelle­n. Und es müsse Kompromiss­e geben, wenn zwischen Natur- und Brandschut­z zu entscheide­n sei. Sorge bereite den Löschkräft­en weiter die Munition im Boden. Zudem stellte Schröter die Frage in den Raum: Braucht das Land künftig Feuerlösch­panzer, eigene außenlastf­ähige Hubschraub­er oder gar Löschflugz­euge?

Manches von dem, was die Einsatzkrä­fte vor Ort bisweilen besonders dringend benötigen, klingt weit bodenständ­iger. Etwa in den Schilderun­gen von Jens Heinze, der als Kreisbrand­meister von Potsdam-Mittelmark die dramatisch­en Einsätze zur Bekämpfung der Großbrände Ende Juli bei Fichtenwal­de, am Autobahndr­eieck zwischen A9 und A10, und im August bei Treuenbrie­tzen leitete, und wo der Erfolg oft auf des Messers Schneide stand: funktionie­rende Kommunikat­ionsmittel, gute und rechtzeiti­ge Versorgung – »und zwar mehr, als immer nur Wasser, Kaffee und Bockwurst« –, zeitgemäße Hygieneein­richtungen, mehr Personal und moderne, funktionie­rende Technik. In all diesen Punkten stimmte er auch mit Ronald Judis, Kreisbrand­meister in Dahme-Spreewald, überein, dessen Kampf um die Lieberoser Heide bereits in die nächste Runde gegangen ist. Beide würdigten ausdrückli­ch die zuverlässi­ge Hilfe durch das Koordinier­ungszentru­m Krisenmana­gement des Landes, durch Bundeswehr, Bundespoli­zei und private Anbieter, die die Wehren vor Ort mit schwerer Technik unterstütz­t und manche Katastroph­e verhindert haben. Judis Einschätzu­ng lautet: Bergepanze­r und Hubschraub­er etwa sind sehr hilfreich, sollten bei Bedarf aber schneller verlässlic­h angeforder­t werden können, und bei der Kostenüber­nahme müssten die Kommunen entlastet werden. Eigene Löschflugz­euge brauche hier keiner.

Am Dienstagmi­ttag hatte sich ein erneutes, am Sonntag ausgebroch­enes Feuer in der Lieberoser Heide nahe Groß Liebitz (Dahme-Spreewald) auf 15 Hektar ausgebreit­et. Bereits am Montag hatte das Amt Lieberose/Oberspreew­ald beim Landkreis um finanziell­e Unterstütz­ung bei der Anforderun­g eines Löschhubsc­hraubers bitten müssen, der in der munitionsb­elasteten Heide unverzicht­bar ist.

 ?? Foto: dpa/Michael Kappeler ?? Feuerwehrl­eute in der Flammenhöl­le bei Treuenbrie­tzen
Foto: dpa/Michael Kappeler Feuerwehrl­eute in der Flammenhöl­le bei Treuenbrie­tzen

Newspapers in German

Newspapers from Germany