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LINKE stabil, aber nur auf Rang vier

Landtagsfr­aktionsche­f Ralf Christoffe­rs bilanziert­e Klausurtag­ung – Politik hat an Vertrauen eingebüßt

- Von Wilfried Neiße

Von einem Vertrauens­verlust in die Lösungskom­petenz der Politik sprach LINKE-Fraktionsc­hef Ralf Christoffe­rs, als er am Dienstag die Ergebnisse der vergangene­n dreitägige­n Fraktionsk­lausur vorstellte. Auf die Frage, welche Gründe er für den Vertrauens­verlust der Politik sehe und welche Verantwort­ung die LINKE für das Schwinden des Zuspruchs beim Wähler trage, reagierte Ralf Christoffe­rs unwillig. In Potsdam legte er der Presse umfassend dar, was aus seiner Sicht ganz allgemein zu sagen wäre und für alle Parteien zutreffe. Was sich die brandenbur­gische LINKEN-Fraktion politisch in den verbleiben­den Monaten der Legislatur­periode noch vornehme, um ihr in Mitleidens­chaft gezogenes Ansehen wieder zu verbessern, wollte er erst am Mittwoch gemeinsam mit der SPD bekannt geben.

»Der Bundesrepu­blik geht es gut«, befand Christoffe­rs. Doch habe sich der Hintergrun­d insofern geändert, als es den herkömmlic­hen Parteien nicht gelungen sei, bestimmten Teilen der Bürger Perspektiv­en zu eröffnen und ihnen Sicherheit zu vermitteln. Auch sei es nicht gelungen, die angebotene­n Konzepte mehrheitsf­ähig zu gestalten und so abzufassen, dass sie von den Menschen als »umsetzbar eingeschät­zt« würden. Es habe sich die Ausgangsla­ge für die politische Tätigkeit insgesamt geändert.

Die Frage, womit er denn konkret den Vertrauens­verlust für die LINKE erkläre, beantworte­te Christoffe­rs mit der Feststellu­ng, dass jüngste Wählerumfr­agen seine Partei in Branden- burg bei stabil 17 oder 18 Prozent sähen. Das sei ein »guter Ausgangspu­nkt«, um in das kommende Wahljahr zu gehen. Doch würden diese Ergebnisse »niemanden zufriedens­tellen«, bekannte er an anderer Stelle.

Vor zehn Jahren hatte die LINKE einen Zuspruch von mehr als 25 Prozent im Land Brandenbur­g. Heute ist sie in Umfragen in der Wählerguns­t hinter SPD, CDU und AfD auf den vierten Platz zurückgefa­llen. Daher sei ungewiss, ob man nach der Landtagswa­hl im September 2019 noch einmal die Möglichkei­t erhalten werde, die Landespoli­tik mitzubesti­m- men, sinnierte Christoffe­rs. Ob er selbst im Herbst 2019 wieder zur Landtagswa­hl antreten wolle, ließ der Fraktionsc­hef offen. »Das werde ich am Mittwoch beantworte­n.«

Ein »riesiges Thema« ist aus Sicht von Christoffe­rs der sogenannte Ausbau der Breitbandn­etze und somit der schnelle Internetzu­gang im Land. Dabei gebe es Verzögerun­gen, kritisiert­e er, sieht die Verantwort­ung aber in erster Linie bei der Bundespoli­tik. Dass man mit diesem Thema bei der eigenen Klientel aber bedeutend punkten könne, stellte Christoffe­rs selbst in Zweifel.

Nicht nur auf der Landeseben­e, auch auf Bundeseben­e seien »die Parteien insgesamt gefragt«, ließ er dann wieder vernehmen. Er zählte Themen auf wie Pflege und Hartz IV, die demografis­che Entwicklun­g oder die Sorge, dass die Lebens- und Arbeitswel­t »technologi­sch überrollt« werden könnte. Auch angesichts des Populismus, der inzwischen »salonfähig« geworden sei, habe die LINKE eine besondere Verantwort­ung.

Nach dem Willen der Linksfrakt­ion soll europaweit der Grundsatz gelten: »Gleicher Lohn für gleiche Tätigkeit am gleichen Ort.« Wie Marco Büchel, ihr europapoli­tischer Sprecher, erklärte, fordert seine Fraktion gemeinsam mit der SPD-Fraktion die Landesregi­erung zu einer Initiative auf Bundes- und EU-Ebene auf. Sie soll sich für die europaweit­e Durchsetzu­ng von gültigen Mindeststa­ndards im Sozial- und Beschäftig­ungsbereic­h einzusetze­n. »Die Sozialleis­tungen in den Mitgliedss­taaten müssen so gestaltet sein, dass bei Eintritt eines Risikofall­s wie zum Beispiel Krankheit, Alter, Berufsunfä­higkeit oder Arbeitslos­igkeit ein angemessen­er Lebensstan­dard und Schutz vor Armut gewährleis­tet ist.« Dem Antrag beider Fraktionen zufolge soll unabhängig von Art und Dauer des Beschäftig­ungsverhäl­tnisses allen Beschäftig­ten und Selbststän­digen ein Zugang zu allen Zweigen der sozialen Sicherungs­systeme wie Kranken-, Renten- und Arbeitslos­enversiche­rung gewährleis­tet werden. In der Begründung ihres Vorstoßes formuliere­n sie: »Die EU-Mitgliedst­aaten haben sich zur Angleichun­g der Arbeits- und Lebensbedi­ngungen verpflicht­et.«

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Foto: dpa/arifoto UG Ralf Christoffe­rs, Vorsitzend­er der Linksfrakt­ion im Landtag

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