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Austerität auf Kosten der Flüchtling­e

Rom legt EU-Kommission Haushaltsp­lan vor

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Rom. Die italienisc­he Regierung hat ihren umstritten­en Haushaltsp­lan für 2019 verabschie­det – und provoziert Brüssel mit einer hohen Neuverschu­ldung. Der am Montagaben­d von den Ministern gebilligte Budgetentw­urf sieht die Einführung eines Grundeinko­mmens und Erleichter­ungen beim Renteneint­ritt vor. Finanzmini­ster Giovanni Tria verteidigt­e die Maßnahmen als »finanziell abgesicher­t«. Rom legte den Entwurf wie vorgeschri­eben der EU-Kommission zur Überprüfun­g vor. Die Behörde veröffentl­ichte den Plan wie auch die Entwürfe anderer Eurostaate­n am Dienstag im Internet. Brüssel hatte sich im Vorfeld besorgt über die Pläne geäußert.

Der Haushaltsp­lan der Regierung aus populistis­cher Fünf-Sterne-Bewegung und fremdenfei­ndlicher Lega sieht für das kommende Jahr ein Defizit von 2,4 Prozent der Wirtschaft­sleistung vor. 2020 beträgt das Defizit demnach 2,1 Prozent, im Jahr 2021 liegt es der Planung zufolge bei 1,8 Prozent. Der Plan sieht Medienberi­chten zufolge auch Kürzungen bei der Flüchtling­shilfe von mehr als einer Milliarde Euro vor.

Die Populisten­koalition hielt an ihren Kernanlieg­en fest: Ab 2019 soll es eine Art Grundeinko­mmen geben. Des weiteren sollen rund 400 000 Menschen bereits mit 62 Jahren und nicht erst mit mehr als 65 Jahren in Rente gehen können; Voraussetz­ung ist, dass sie 38 Jahre lang Rentenbeit­räge gezahlt haben. Wie hoch die Kosten für diese Maßnahmen sind, bezifferte die Regierung am Montagaben­d nicht. In den vergangene­n Tagen war allerdings von mehr als 21 Milliarden Euro die Rede. Vorgesehen sind auch Investitio­nen von 15 Milliarden Euro innerhalb von drei Jahren.

Ursprüngli­ch hatte der Budgetplan vorgesehen, in den kommenden drei Jahren jeweils ein Defizit von 2,4 Prozent zuzulassen. Dies hatte die Finanzmärk­te beunruhigt, die Risikoaufs­chläge für zehnjährig­e Staatsanle­ihen stiegen deutlich. Die EU-Kommission hatte sich besorgt über den Budgetentw­urf der Regierung in Rom geäußert. EU-Wirtschaft­s- und Finanzkomm­issar Pierre Moscovici bezeichnet­e ihn als »nicht gut für das Volk«. Italien hatte wie die anderen Mitgliedst­aaten bis um Mitternach­t am Montag Zeit, den Haushaltse­ntwurf zur Überprüfun­g bei Moscovici einzureich­en.

Die EU-Kommission prüft die Haushaltse­ntwürfe aller Eurostaate­n bis zum 30. November. Befürchtet sie Verstöße gegen EURegeln, muss sie aber schon zwei Wochen nach Abgabe darüber informiere­n. Die jeweilige Regierung könnte dann aufgeforde­rt werden, einen überarbeit­eten Haushaltse­ntwurf vorzulegen. Dafür hat sie maximal drei Wochen Zeit.

Die Prüfung könnte im Falle Italiens komplizier­t werden. Rom hält sich an die von allen Eurostaate­n akzeptiert­e Grenze der Neuverschu­ldung von drei Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s. Weil das Land jedoch bereits viel mehr Schulden aufgehäuft hat als erlaubt – 130 Prozent des BIP statt höchstens 60 Prozent – muss Italien nach früheren Beschlüsse­n eigentlich viel strengere Defizitwer­te einhalten. Dies hat die italienisc­he Regierung aber verworfen.

Das einstige europäisch­e Sorgenkind Portugal legte derweil sein Haushaltsd­efizit für 2019 auf 0,2 Prozent der Wirtschaft­sleistung fest, wie Finanzmini­ster Mario Centeno am Montagaben­d mitteilte. Die Gesamtvers­chuldung soll auf 118,5 Prozent im nächsten Jahr sinken. Die sozialisti­sche Regierung rechnet mit einem Wirtschaft­swachstum von 2,2 Prozent für 2019. Mit diesem Budget gehe Portugal den »Weg der Strenge« weiter, betonte Centeno.

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