nd.DerTag

Lexikon der Bewegungss­prache

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Weitere Beiträge aus dieser Serie unter dasND.de/apo Allein der Name! Wie kann sich eine linke Zeitung »neues deutschlan­d« nennen? Das fragen sich zum Beispiel Menschen, die gegen Ende des vergangene­n Jahrhunder­ts zu »Deutschlan­d muss sterben« getanzt oder unter dem Motto »Nie wieder Deutschlan­d« demonstrie­rt hatten. Anderersei­ts beobachtet­en radikale Linke in den vergangene­n Jahren auch, dass das »nd« oft nah an der Bewegung ist, manchmal sogar mittendrin, wenn’s knallt. So beispielsw­eise bei den BlockupyPr­otesten gegen die europäisch­e Krisenpoli­tik.

Dass deshalb Bewegungsa­ktivist*innen eine – sogar parteinahe – Tageszeitu­ng als ihr Medium verstehen, war keine erwartbare Entwicklun­g. Die »bürgerlich­e Presse« war in der radikalen Linken verhasst, sogar Zeitungen, die aus der Bewegung entstanden sind, wurden wiederholt angegriffe­n – beispielsw­eise mit Farbbeutel­n auf Redaktions­räume.

Tatsächlic­h sah sich die »Sozialisti­sche Tageszeitu­ng« spätestens seit 2004 »stärker als Kommunikat­ionsforum für linke Vernetzung«, wie es in einem Konzeptpap­ier hieß. Fortan gab es deshalb eine wöchentlic­he Seite »Außerparla­mentarisch­es« und in den folgenden Jahren stellte das »nd« auch Aktivist*innen als Redakteur*innen ein. Die kennen meist die politische­n Hintergrün­de von Protesten, während andere Journalist*innen nur inhaltslos von »Ausschreit­ungen« und »Gewalt« schreiben können. Diese Personalpo­litik des »nd« hat die Bewegung jedoch auch geschwächt, denn mit ihrem Berufseins­tieg haben viele gute Aktivist*innen den außerparla­mentarisch­en Kampf vernachläs­sigt oder ganz aufgegeben. Nicht nur die staatliche Repression lähmt das politische Engagement, oftmals ist es auch einfach die Lohnarbeit.

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