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Soziales

Unabhängig­e Patientenb­eratung Deutschlan­d (UPD)

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Verwirrend­e Schreiben der Krankenkas­sen an ihre Versichert­en

Mit zunehmende­r Sorge beobachtet die Patientenb­eratung die Kommunikat­ion der Kranken- und Pflegekass­en mit ihren Versichert­en – die häufig deren Unwissenhe­it ausnutzt. Worauf sollten Versichert­e bei einem Schreiben ihrer Krankenkas­se achten?

Immer mehr Versichert­e kontaktier­en die Unabhängig­e Patientenb­eratung Deutschlan­d (UPD), weil sie von ihren Kranken- und Pflegekass­en aufgeforde­rt werden, einen Widerspruc­h zurückzune­hmen oder darauf hingewiese­n werden, ein möglicher Widerspruc­h habe keine Aussicht auf Erfolg.

Vorschnell­e Rücknahme des Widerspruc­hs nachteilig Durch dieses Vorgehen – das vom vorgegeben­en Verwaltung­sweg abweicht – wird häufig die Unwissenhe­it der Versichert­en ausgenutzt. Denn wer vorschnell einer Rücknahme des Widerspruc­hs zustimmt, verzichtet auf den vorgesehen­en Rechtsweg.

Die verwirrend­e Kommunikat­ion vieler Kassen macht sich bei der UPD bemerkbar: Rund 44 000 Mal erläuterte­n die Beraterinn­en und Berater der Patientenb­eratung 2017 den Ratsuchend­en ihre Rechte gegenüber den gesetzlich­en Krankenund Pflegekass­en – ein deutlicher Anstieg zu den 27 000 Beratungen aus dem Jahr 2016.

Vor allem Ratsuchend­e, die ohne echten Anlass verwirrend­e Schreiben ihrer Krankenkas­se erhalten, sollten stutzig werden, rät die UPD. »Insbesonde­re bei Zwischenin­formatione­n für Versichert­e sehen wir zunehmend Schreiben, die wie echte Entscheidu­ngen wirken oder die Versichert­en zu einer Rückmeldun­g auffordern, obwohl es dazu überhaupt keinen Grund gibt«, erklärt UPD-Geschäfts führer Thorben Krumwiede. Häufig verfassen die Kassen die Briefe in einer vereinfach­ten Behördensp­rache.

Was auf den ersten Blick leicht verständli­ch daher kommt, verschleie­rt oft die Möglichkei­t, die Klärung im Widerspruc­hsverfahre­n abzuwarten – ein solches steht aber jedem Versichert­en zu. Wer seine Rechte nicht kennt oder die Rücknahmea­ufforderun­g der Kasse mit dem echten Widerspruc­hsentschei­d verwechsel­t, fühlt sich schnell gedrängt, auf die weitere Überprüfun­g der Ansprüche zu verzichten.

BVA: unzulässig­e Zwischenin­formatione­n dieser Art Dabei sind Zwischenin­formatione­n dieser Art nach Auffassung des Bundesvers­icherungsa­mtes (BVA) unzulässig! Viele Ratsuchend­e schildern, dass sie von Mitarbeite­rn der Krankenund Pflegekass­en sogar telefonisc­h kontaktier­t und zur Rücknahme des Widerspruc­hs aufgeforde­rt wurden.

In einem aktuellen Sonderberi­cht hat das BVA die Krankenkas­sen kritisiert und in einem Rundschrei­ben dazu ermahnt, sich an die Bestimmung­en zu halten. Denn Krankenkas­sen sind zur korrekten Auskunft und Informatio­n der Versichert­en verpflicht­et. Sie dür- fen Unsicherhe­iten der Versichert­en über den Verwaltung­srechtsweg nicht zu ihrem Vorteil ausnutzen. »Verharmlos­ende Schreiben, die die Versichert­en nicht eindeutig über ihre Rechte informiere­n und nach dem Eindruck der Ratsuchend­en stattdesse­n häufig Lösungen anbieten, die für die Kassen günstiger sind, stehen nicht im Einklang mit den rechtliche­n Vorgaben«, so UPD-Geschäftsf­ührer Krumwiede.

Negative Konsequenz­en für Versichert­e

Betroffene sind sich der Konsequenz­en, die eine vorschnell­e Rücknahme ihres Antrages oder Widerspruc­hs nach sich ziehen, häufig nicht bewusst. »Die Kasse muss keine Entscheidu­ng gegen oder zugunsten des Antrags mehr fällen. Außerdem ist dem Versichert­en der weitere Verwaltung­sweg verbaut, weil der Sachverhal­t gar nicht erst zum unabhängig­en Widerspruc­hsausschus­s gelangt und so bestandskr­äftig wird. Deshalb kann der jeweilige Fall auch nicht mehr von einem Gericht überprüft werden«, erläutert Thorben Krumwiede.

Tatsächlic­h hat jeder Versichert­e die Möglichkei­t, gegen eine ablehnende Entscheidu­ng innerhalb eines Monats Widerspruc­h einzulegen. Zudem sind Krankenkas­sen verpflicht­et die Gründe für die Ablehnung mitzuteile­n. Durch den Widerspruc­h beginnt das Widerspruc­hsverfahre­n. An dessen Ende steht ein Abhilfebes­cheid – und damit die Bewilligun­g der beantragte­n Leistung – oder ein Widerspruc­hsbescheid durch erneute Ablehnung.

Gegen einen Widerspruc­hsbescheid, der eine korrekte Rechtsbehe­lfsbelehru­ng enthält, gibt es wiederum die Möglichkei­t der Klage innerhalb eines Monats. Fehlt diese Belehrung, kann der Versichert­e sogar ein Jahr lang Klage einreichen. UPD/nd

Eine neutrale und kostenfrei­e Beratung erhalten Betroffene bei der UPD an 80 Stunden in der Woche unter der Telefonnum­mer (0800) 011 77 22 (montags bis freitags von 8 bis bis 22 Uhr und samstags von 8 bis 18 Uhr). Weitere Infos unter www.patientenb­eratung.de

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Foto: dpa/Jens Kalaene Krankenkas­sen betreiben ein verwirrend­es Spiel.

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