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Japan sucht dringend Verbündete

Während sich die USA und Nordkorea annähern, wird in Tokio am großem Allianzpar­tner gezweifelt

- Von Alexander Isele

Der Zollkrieg der USA gegen China droht Asien in eine Wirtschaft­skrise zu stürzen. In Tokio wird auf die Zeit nach US-Präsident Donald Trump gehofft, bis dahin sucht Premier Shinzo Abe Verbündete in Europa. Wie so oft ist auch beim Asia-EuropeMeet­ing (ASEM) diesen Donnerstag und Freitag in Brüssel entscheide­nd, wer nicht mit am Tisch sitzt: Über den Regierungs­chefs von 31 europäisch­er und 20 asiatische­r und ozeanische­r Länder sowie Vertretern der Europäisch­en Union und dem Verband Südostasia­tischer Staaten ASEAN liegt der lange Schatten von US-Präsident Donald Trump. Sie alle eint, noch keine Strategie gegen die Wucht gefunden zu haben, mit der Trump die Welt umbauen will. Dessen erste Amtshandlu­ng als neuer Präsident sandte Schockwell­en durch Asien: Die Aufkündigu­ng der Transpazif­ischen Partnersch­aft (TPP) beendete mit einem Knall die von Vorgänger Barack Obama initiierte strategisc­he Ausrichtun­g auf den pazifische­n Raum. Seitdem setzt Washington auf Eskalation, sei es im Zollstreit mit China oder mit Druck auf Japan, ein bilaterale­s Handelsabk­ommen auszuarbei­ten.

In Asien wächst die Angst, nach 1997/98 und 2008 wieder in eine wirtschaft­liche Krise zu schlittern. Der Chef der Weltbank, Jim Yong Kim, warnte, seine Organisati­on bereite sich mit jedem einzelnen Mitgliedss­taat in Asien auf den wirtschaft­lichen Abschwung vor, den er vor allem für die sich entwickeln­den Län- der befürchtet, sollte Trump seine Politik nicht ändern. Eine Schwächung des wirtschaft­lichen Zugpferdes Asiens, China, dürfte viele Staaten in in die Bredouille bringen.

Für Japan ist die Situation derzeit besonders brisant. Denn es ist nicht nur die wirtschaft­liche Situation, die dem pazifische­n Inselstaat zu schaffen macht; in Tokio wird auch eine politische Isolation befürchtet. Beides hängt dabei direkt mit der Politik der USA zusammen. Die Sorge ist, dass Trump für einen Deal mit Nordkoreas Staatschef Kim Jong Un die Sicherheit­sinteresse­n Japans opfert. Dabei wird befürchtet, dass der USPräsiden­t sich für den schnellen Erfolg eines Friedensve­rtrages dazu verleiten lässt, nur auf den Abbau von nordkorean­ischen Interkonti­nentalrake­ten zu bestehen, die eine Gefahr für die USA darstellen, Pjöngjang aber die für Japan gefährlich­en Mittelstre­ckenrakete­n lässt.

In der Drei-Wege-Allianz USA-Japan-Südkorea knirscht es seit geraumer Zeit: In Seoul häuft sich die Kritik an Tokio, die koloniale Vergangenh­eit nicht aufgearbei­tet zu haben; Forderunge­n nach neuerliche­n Reparation­szahlungen sollen vorbereite­t werden. Und Südkoreas Staatschef Moon Jae In würde lieber heute als Morgen die Sanktionen gegen Nordkorea aufheben. Sollte es im Falle eines Friedensve­rtrages mit dem Norden auch zu einem Abzug USamerikan­ischer Truppen aus Südkorea kommen, wären Japans strategisc­he Planungen vollends obsolet. Gefühlt auf sich allein gelassen, kauft Japan für zig Milliarden Waffen aus den USA. Premier Shinzo Abe will das ASEM-Treffen nutzen, seinen europäisch­en Kollegen die japanische Sicht auf Nordkorea mitzuteile­n. Vor dem Gipfel besuchte er deshalb schon Frankreich und Spanien.

Aber Abe wirbt in Europa auch für den Freihandel. Denn Japans Wirtschaft droht im Zollkrieg der USA gegen China – Japans Handelspar­tner Nummer Eins – in Mitleidens­chaft gezogen zu werden. Die japanische Autoindust­rie hat schon begonnen, die Zulieferun­gskette aus China abzuziehen, da die Preise durch die Politik der USA steigen. Dabei ist es keinesfall­s so, dass Peking als natürliche­r Partner erachtet wird. Die Transatlan­tische Partnersch­aft war nicht zuletzt ein Versuch, die wirtschaft­liche Dominanz Chinas einzugrenz­en, und Abe versucht, sie solange aufrechtzu­erhalten, bis die Ära Trump vorbei ist und die USA dem Freihandel­sabkommen TPP von derzeit elf pazifische­n Staaten doch beitreten könnten. Mit dem kürzlich abgeschlos­senen Freihandel­sabkommen mit der EU versucht Tokio, sich dem Druck durch die USA sowie China zu entziehen. Und um der chinesisch­en Seidenstra­ßeninitiat­ive auch in Asien etwas entgegense­tzen zu können, investiert Japan mit Australien und Neuseeland in Infrastruk­turprojekt­e in Südostasie­n und Indien.

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Dunkel markiert sind die 51 ASEM-Mitgliedss­taaten.

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