nd.DerTag

Kompromiss­los für die Freiheit

Bündnis lehnt jede Verschärfu­ng des Polizeiges­etzes grundsätzl­ich ab

- Bei einer Polizeikon­trolle Von Andreas Fritsche

Bei einem Termin im alten Potsdamer Rechenzent­rum informiert­e das Bündnis gegen das neue Polizeiges­etz über seine Beweggründ­e. Am kommenden Dienstag soll die von Innenminis­ter Karl-Heinz Schröter (SPD) geplante Verschärfu­ng des brandenbur­gischen Polizeiges­etzes das rot-rote Kabinett passieren. Es ist allerdings noch nicht heraus, wie viel Schröter von seinen ursprüngli­chen Absichten durchsetze­n konnte. Dem Vernehmen nach nicht sehr viel, da die LINKE eingeschri­tten ist.

Dennoch hat sich ein Bündnis gegen das Polizeiges­etz gebildet. Die Linksjugen­d solid, die Grünen, die Humanistis­che Union und die Strafverte­idiger-Vereinigun­g machen mit und andere auch. Am 10. November soll es eine Demonstrat­ion in Potsdam geben. Treffpunkt dafür ist um 13.30 Uhr am Bahnhof Charlotten­hof. Die Veranstalt­er erwarten rund 1000 Teilnehmer.

»Wir werden keine Kompromiss­e akzeptiere­n, denn jeder Kompromiss wäre eine Verschärfu­ng. Wir lehnen eine Novelle des Polizeiges­etzes grundsätzl­ich ab«, erklärt am Mittwoch Tom Berthold, Schatzmeis­ter der brandenbur­gischen Linksjugen­d. Berthold hält es keineswegs für verfrüht, die Demonstrat­ion gegen das Gesetz schon jetzt zu organisier­en, bevor der Text in seiner Endfassung öffentlich zugänglich ist. Denn bis zum 10. November werde es soweit sein, heißt es. Tatsächlic­h soll der Gesetzentw­urf vom Landtag in seiner Sitzung vom 14. bis 16. November in erster Lesung behandelt werden.

Das zur Rechtferti­gung angeführte Argument, es gehe nur um die Abwehr von Terrorismu­s, lässt Berthold nicht gelten. Im Vergleich zu den 1970er Jahren gebe es im laufenden Jahrzehnt die geringsten Schwierigk­eiten mit Terrorismu­s.

Grünen-Landeschef Clemens Rostock erkennt an, dass die LINKE der SPD einiges abgetrotzt habe. »Das finden wir auch gut.« Doch es habe bei umstritten­en Gesetzesvo­rhaben Methode, etwas Schlimmes vorzulegen, das dann abgemilder­t werde, um sagen zu können, so schlimm sei es ja nun gar nicht mehr. Vergleiche­n müsse man hier aber mit der bisherigen Gesetzesla­ge. »Wir brauchen den Druck von der Straße«, findet Rostock. »Wir versuchen, damit der LINKEN den Rücken zu stärken.«

Heiß diskutiert wurden bislang die Pläne, der Polizei den Einsatz von Sprengmitt­eln gegen Personen und das Ausspähen von Mobilfunkn­achrichten zu erlauben sowie eine erhebliche Ausweitung der anlasslose­n Schleierfa­hndung zuzulassen. Bislang ist den Beamten eine solche anlasslose Schleierfa­hndung nur in einem 30 Kilometer breiten Korridor entlang der Grenze zu Polen gestattet.

Tom Berthold, Linksjugen­d solid

Rostock sprach sich gegen polizeilic­he Instrument­e aus, bei denen der Bürger darauf vertrauen müsse, dass sie vom Innenminis­ter verantwort­ungsvoll gehandhabt werden. Man stelle sich einmal vor, wenn es nach einer Wahl einen Innenminis­ter von der AfD geben würde, mahnte Rostock mit Blick auf Österreich­s Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ).

Asylbewerb­er seien von Gesetzesve­rschärfung­en meistens zuerst betroffen, beklagt Jibran Khalil von der Organisati­on »Jugendlich­e ohne Grenzen«. An ihnen werde ausprobier­t, worunter später die gesamte Gesellscha­ft zu leiden habe. Was Innenminis­ter Schröter beabsichti­ge, gehe alle etwas an: als Migranten wahrgenomm­ene Menschen genauso wie politisch Aktive, psychisch Kranke, Wohnungslo­se und Fußballfan­s. Dort, wo die Schleierfa­hndung bereits möglich sei, hätten die als Migranten wahrgenomm­enen Menschen mit rassistisc­hen Vorurteile­n zu kämpfen.

An den von Polizisten getragenen Bodycams kritisiert Axel Bussmer, Landesgesc­häftsführe­r der Humanistis­chen Union, dass sie nur Angriffe auf die Beamten aufzeichne­n würden, nicht aber, was der Polizist vorher getan habe. Auch könnte der Polizist nachträgli­ch Videoseque­nzen löschen, die ihn selbst belasten.

Da das Bündnis die Polizeiges­etznovelle prinzipiel­l ablehnt, macht es keine eigenen Vorschläge für eine Änderung. Dabei gibt es laut Rechtsanwa­lt Falko Drescher von der Strafverte­idiger-Vereinigun­g durchaus interessan­te Vorschläge, beispielsw­eise von den Jusos, die sich einen Polizeibea­uftragten wünschen.

»Wir werden keine Kompromiss­e akzeptiere­n. Wir lehnen eine Novelle des Polizeiges­etzes grundsätzl­ich ab.«

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Foto: dpa/Christoph Soeder

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