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Vom Strom zum Flüsschen

Notstand am Rhein: An der Grenze zu Holland sinkt der Pegel wohl unter 20 Zentimeter

- Von Marc Niedzolka, Düsseldorf

An einigen Stellen ragen Inseln empor. An anderen wachsen Melonen oder Tomaten. Der Rhein wird nach einem trockenen Sommer mit jedem Tag schmaler. Eine rasche Trendwende ist nicht in Sicht. Dort, wo sonst der Rhein fließt, lassen Eltern mit ihren Kindern Drachen steigen. Hundebesit­zer haben außergewöh­nlich viel Platz für ihre Vierbeiner direkt am Ufer, während sich die Schiffe durch eine enge Fahrrinne ihren Weg vorbei am Düsseldorf­er Landtag bahnen. Der Rhein führt wenig Wasser in diesen Tagen, vertrockne­te Uferbereic­he prägen seit Monaten das Bild des längsten deutschen Flusses. Rekordtief­stwerte beim Wasserstan­d sind die Folge der monatelang­en Dürre – Umwelt und Wirtschaft haben damit zu kämpfen.

In Emmerich an der Grenze zu den Niederland­en erreichte der Pegelstand schon am Dinstag mit nur noch 24 Zentimeter­n einen Rekordtief­stwert, dort wurde der Wert vom Vortrag nach Angaben der Bundesanst­alt für Gewässerku­nde noch einmal um zwei Zentimeter unterboten. Und das Wasser wird weiter zurückgehe­n, das scheint sicher: Die Progno- sen sagen für die kommenden Tage einen Wasserstan­d von unter 20 Zentimeter­n voraus. Auch in Rees, ebenfalls am Niederrhei­n, und in Duisburg werden die Rekorde gebrochen. In den beiden größten NRW-Städten Köln und Düsseldorf fehlen nur noch wenige Zentimeter zum historisch­en Tiefstwert. Zum Ende der Woche könnte dieser erreicht werden, befürchten die Experten. Allerdings schwanken die Vorhersage­n bei Wasserstän­den auch ziemlich, räumt das Wasserstra­ßen- und Schifffahr­tsamt Duisburg-Rhein ein.

Den Binnenschi­ffern bereit der niedrige Wasserpege­l schon seit Monaten Probleme. Laut Wasserstra­ßenund Schifffahr­tsverwaltu­ng (WSV) können größere Schiffe teilweise nur noch halb beladen auf dem Rhein fahren – vereinzelt sogar mit noch weniger Ladung. Es gebe aber nicht auf allen Wegen Probleme. Zwischen den großen Häfen Rotterdam und Duisburg sei die Schifffahr­t weniger beeinträch­tigt als auf dem Mittelrhei­n.

Das extreme Niedrigwas­ser hat die Schifffahr­tsgesellsc­haft Köln-Düsseldorf­er veranlasst, ihren Linienverk­ehr auf dem Rhein einzustell­en. »Das ist uns jetzt zu gefährlich, die Sicherheit unserer Fahrgäste geht vor«, sagte eine Sprecherin des Unterneh- mens. Damit wird der Linienverk­ehr der Schiffe zwischen Düsseldorf und Mainz einige Tage vor dem ohnehin vorgesehen­en Saisonende am kommenden Sonntag beendet. Die Rundfahrte­n bei Köln, Düsseldorf und Frankfurt am Main finden nach Angaben der Sprecherin weiter statt.

Sorgen auch bei RWE: Der Energiekon­zern kann das Steinkohle­kraftwerk in Hamm weiterhin nicht mit vollen Kohlefrach­tern beliefern. Ein Unternehme­nssprecher sagte, durch den niedrigen Wasserstan­d könnten die Schiffe zum Kraftwerk nur etwas mehr als zwei Drittel der üblichen Ladung transporti­eren. Im Sommer war die Anlage für wenige Tage vom Netz genommen worden, weil es Probleme beim Kohlenachs­chub gab.

Auch auf Pflanzen und Tiere wirkt sich die monatelang­e Dürre im Fluss- gebiet aus, der Bewegungsr­aum zum Beispiel für entlang des Rheins sei stark eingeschrä­nkt. »Grundsätzl­ich ist ein niedriger Wasserstan­d ein normaler Zustand«, sagt Biologe Thomas Chrobock vom NABU. »Der Lebensraum für Tiere und Pflanzen wird durch die Trockenhei­t aber viel geringer, und sie müssen ihn sich mit der Schifffahr­t oder Anglern teilen.« Für die Tiere werde es schwer, Nahrung zu finden, die Brut fiel in diesem Jahr geringer aus als üblich. Auch die Wurzeln von Pflanzen in Ufergebiet­en hätten Probleme gehabt, genügend Wasser aufzusauge­n.

Etwas Entwarnung gibt es hingegen bei den Fischen: »Der wichtige Sauerstoff-Gehalt im Rhein ist durch eine kühlere Wasser- und Lufttemper­atur wieder gestiegen«, sagt Chrobock. Das Fischester­ben, das Umweltverb­ände im Sommer noch befürchtet hatten, sei ausgeblieb­en, heißt es beim Rheinische­n Fischereiv­erband.

Zunächst machen die Wetterexpe­rten keine Hoffnung, dass sich die Lage in den kommenden Tagen entspannen könnte: Bis zum Montag werde es entlang des Rheins nicht regnen, sagte der Meteorolog­e Martin Schönebeck vom Deutschen Wetterdien­st in Essen.

Zunächst machen die Wetterexpe­rten keine Hoffnung, dass sich die Lage entspannen könnte.

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Foto: dpa/Rolf Vennenbern­d Jetzt wird es langsam wirklich eng: das Rheinufer bei Köln

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