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Chefin mit Mission

Katrin Werkmann ist die erste Frau an der Spitze einer deutschen Olympiaman­nschaft: »Chefin de Mission« bei den Jugendspie­len 2018

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Katrin Werkmann führte das Jugendolym­piateam an.

Frau Werkmann, wie sagt man’s richtig: Chefin de Mission, Chef de Mission, Missionsch­efin? Internatio­nal heißt es Chef de Mission – aus dem Französisc­hen. Wir haben uns hier beim DOSB auf den Begriff Chef geeinigt, auch wenn ich die die erste Frau bin, die ein deutsches Olympiatea­m bei einer Großverans­taltung anführt.

Deutschlan­d ist seit 1896 bei Olympia dabei: Wieso hat das bis 2018 gedauert, ehe eine Frau auf diesem Posten gelandet ist?

Kann ich Ihnen nicht sagen. Der Leistungss­port ist grundsätzl­ich noch sehr männerlast­ig, und die entspreche­nden Positionen im Deutschen Olympische­n Sportbund wurden eben bisher meist mit Männern besetzt.

Wie haben Sie es dahin geschafft? Ich komme aus dem Leistungss­port, ich war Leichtathl­etin. Danach habe ich BWL und Sport studiert und im Bereich Sportmanag­ement promoviert. Dann war ich Leiterin des Hochschuls­ports an der Uni Frankfurt und parallel Vorstandsv­orsitzende des Allgemeine­n Deutschen Hochschuls­portverban­des. Dann bewarb ich mich beim DOSB auf die Stelle für den Nachwuchsl­eistungssp­ort. Seit fast einem Jahr bin ich jetzt dabei.

Der DOSB ist mit 74 Jugendlich­en und 43 Betreuerin­nen und Betreuern zu den Olympische­n Jugendspie­len nach Buenos Aires gereist. Was sind Ihre Aufgaben dort? Zuerst einmal die Gesamtvera­ntwortung für das Team – die Abstimmung mit Organisati­onskomitee und IOC. Aber auch die enge Bindung zur Mannschaft, das heißt zu den Trainern und Athleten. Ich versuche, das aufzunehme­n, was sie so im Trainingsa­lltag bewegt, wo es vielleicht noch Verbesseru­ngspotenzi­al gibt.

Gucken wir mal kurz auf die Uhr, wie spät ist es jetzt bei Ihnen ? 12.45 Uhr.

Was hat die Chefin der Mission heute schon vollbracht?

(Lacht). Heute ist Mittwoch und kein so beispielha­fter Tag, wir haben heute nur noch einen Wettkampf mit deutscher Beteiligun­g, der geht um 17 Uhr los. Am Donnerstag ist Abschlussf­eier, am Freitag geht’s zurück. Wir sind jetzt schon ein bisschen in Aufbruchst­immung, da ist viel zu tun: Koordinati­on des Abflugs, die Logistik, alles was Fracht anbetrifft. An einem üblichen Tag hier bin ich morgens meist so gegen 6 Uhr aufgestand­en. Mails checken, Mails schreiben, Anrufe nach Deutschlan­d: Ich betreue ja noch andere Bereiche neben dem Nachwuchsl­eistungssp­ort und den Jugendspie­len. Dann musste ich oft noch zum Chef-de-MissionMee­ting, ehe ich zu den Wettkämpfe­n gefahren bin: Athleten anfeuern, mit den Trainern sprechen, den Sportlern zuhören, um ein besseres Gespür dafür zu bekommen, welche Bedeutung die Youth Olympic Games Katrin Werkmann (35) ist »Ressortlei­terin für Nachwuchsl­eistungssp­ort, Landesspor­tbünde, Olympiastü­tzpunkte, Duale Karriere« beim DOSB. Bei den 3. Olympische­n Jugendspie­len 2018 (6. - 18. Oktober) in Buenos Aires fungierte sie als Chef de Mission der 74-köpfigen Mannschaft aus 15- bis 18-jährigen Athletinne­n und Athleten. Bevor sie beim DOSB anfing, war die promoviert­e Sportwisse­nschaftler­in Vorstandsv­orsitzende des Allgemeine­n Deutschen Hochschuls­portverban­des. Mit Jirka Grahl sprach sie über die Jugendspie­le, die Donnerstag zu Ende gingen. für sie haben und wie wir sie auf ihrem Weg zu den »großen Spielen« noch besser unterstütz­en können.

Welche Bedeutung haben denn diese Jugendspie­le für die Athleten? Für sie ist es ein ganz großes Erlebnis. Sie haben sich im Vorfeld riesig darauf gefreut, und hier merkte man von Tag zu Tag, wie sie aufblühten. Die jungen Leute haben hier Blut geleckt: Sie werden alles daran setzen, bei Olympische­n Spielen zu starten.

Dirk Schimmelpf­ennig, beim DOSB für den Leistungss­port zuständig, hat aber gesagt, die Starterinn­en und Starter sollten diese Spiele bes- ser nicht als das ganz große Highlight begreifen.

Genau, es soll eher ein Lernen sein. Etwas für die Persönlich­keitsentwi­cklung, ein Schritt im langfristi­gen Leistungsa­ufbau. Aber natürlich wollten alle ihre beste Leistung zeigen und einen sehr guten Wettkampf abliefern. Für die meisten war vieles neu: diese Atmosphäre im Athletendo­rf mit so vielen unterschie­dlichen Nationen. Eine Mensa, wo man 24 Stunden lang Essen bekommt. Und die teilweise langen Fahrzeiten – zu manchen Wettkampfs­tätten musste man bis zu zwei Stunden mit dem Bus fahren. Das sind Besonderhe­iten, die sie von Welt- und Europameis­terschafte­n nicht kennen.

Was war das schwierigs­te Problem, das Sie vor Ort zu lösen hatten? Das schwierigs­te Problem? Hm, da fällt mir jetzt keins ein. Wir hatten so ein paar Kleinigkei­ten, aber nichts Großes. Vielleicht, dass anfangs zu wenig Busse zu den Trainingss­tätten eingesetzt wurden. Oder dass es zu Beginn der Spiele mit dem Essen hier nicht so gut geklappt hat. Da war zu wenig Essen da. Die Planer haben nicht mit dem großen Hunger Heranwachs­ender gerechnet.

15- bis 18-Jährige hauen ganz schön rein. Wie lassen sich die Teenager denn disziplina­risch händeln?

Ich muss im Nachhinein sagen: gut. Alle sind sehr fokussiert auf ihren Wettkampf. Das hatte ich mir im Vorfeld schwierige­r vorgestell­t.

Was sagen Sie zu den Spielen selbst? Die waren sehr, sehr gut organisier­t. Beste Wettkampfs­tätten, die Zuschauerr­änge immer gefüllt, selbst morgens bei Vorkämpfen. Das Organisati­onskomitee hat hier ein neues Ticketsyst­em angewandt: Man musste sich nur einmal registrier­en, dann hatte man zu allen Wettkampfs­tätten freien Eintritt. Dadurch waren wirklich alle Tribünen immer gefüllt. Die Leute haben mancherort­s anderthalb Stunden angestande­n, um zuschauen zu können. Die Argentinie­r sind ein sehr gutes, faires Publikum. Sie haben alle angefeuert. Als Mitte der 2000er Jahre die Idee der Jugendspie­le entstand, war man in Deutschlan­d wenig begeistert. Zu jung die Athleten, zu früh zu viel Druck. Wie steht denn der DOSB heute zu diesen Spielen?

Wir sehen die Spiele als eine Bereicheru­ng im Bereich der Persönlich­keitsentwi­cklung für die Athleten. Bei manchen Wettbewerb­en sehen wir die Wettkampff­ormate etwas kritisch.

Welche?

Beispielsw­eise im Rudern. Da ist die Strecke bei WM und EM 2000 Meter lang, hier sind es nur 500 Meter, was ganz andere Anforderun­gen an die Athleten stellt.

400 Millionen Dollar sollen die Spiele gekostet haben. Was wird Buenos Aires bleiben?

Der Olympiapar­k wird zukünftig das neue Leistungsz­entrum von Argentinie­n sein. Davon wird das Land mittel- und langfristi­g profitiere­n. In vier Jahren sollte das dann auch für Senegal gelten: Dakar ist Gastgeber der Jugendspie­le 2022.

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Foto: Allg. Dt. Hochschuls­portverban­d
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Foto: AFP/Joel Marklund Junge Athletinne­n beim 3000-Meter-Hindernisl­auf der Olympic Youth Games 2018. Am Donnerstag gab es die Schlussfei­er im Athletendo­rf von Buenos Aires.
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Foto: DOSB/picture-alliance

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