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Diesel-Urteil verpestet Parlaments­luft

Abgeordnet­e diskutiere­n in Aktueller Stunde über die Folgen des Verwaltung­sgerichtsb­eschlusses zu Fahrverbot­en

- Von Martin Kröger

Wie weiter nach dem Gerichtssp­ruch zur Verhängung streckenbe­zogener Fahrverbot­e für ältere Diesel-Autos? Während sich der Senat auf einem guten Weg sieht, kritisiert die Opposition die Regierung. Der rot-rot-grüne Senat sieht sich durch das nach eigener Angabe »wegweisend­e« Diesel-Urteil des Verwaltung­sgerichts Berlin bestärkt. »Unsere Strategie war es von Anfang an, durch sehr viele Aktivitäte­n die Luftbelast­ung zu verringern«, sagte Verkehrsse­natorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) am Donnerstag in der Aktuellen Stunde im Abgeordnet­enhaus. Auf Antrag der Linksfrakt­ion diskutiert­e das Parlament »Konsequenz­en aus dem Diesel-Urteil«. Demnach ist es aus Sicht des Senats ein Erfolg, dass das Gericht auf großflächi­ge Fahrverbot­e verzichtet habe. Und lediglich auf acht Straßen und einer Gesamtläng­e 3,5 Kilometern Fahrverbot­e für ältere Diesel-Fahrzeuge verfügt werden sollen.

Ob der Senat das Gerichtsur­teil akzeptiert, ist dennoch offen. Zunächst soll die schriftlic­he Urteilsbeg­ründung abgewartet werden. »Falls wir das Urteil akzeptiere­n, werden wir das Urteil mit Augenmaß umsetzen«, erklärte Günther. Für diesen Fall stellte die Verkehrsse­natorin Ausnahmere­gelungen für Handwerker, Anlieger und Pflegekräf­te in Aussicht, die mit älteren Diesel-Fahrzeugen unterwegs sind.

Der Senat erneuerte in der Debatte am Donnerstag auch seinen Appell an die Bundesregi­erung, endlich in der Diesel-Problemati­k zu handeln. Unter anderem solle eine blaue Plakette eingeführt werden. Nur so seien effiziente Kontrollen möglich. Bis dahin will das Mitte-links-Bündnis die bereits eingeleite­ten Maßnahmen wie die Einrichtun­g von Tempo-30-Zonen und die Umrüstung des kommunalen Fuhrparks weiterverf­olgen. »Wir haben den landeseige­nen Fuhrpark mit modernster Technik und Filtern ausgerüste­t«, sagte Günther mit Blick auf beispielsw­eise neue BVGBusse.

Die opposition­elle CDU kritisiert­e dagegen den Senat als »Akteur« im Diesel-Urteil. »Ich weiß nicht, was mir mehr stinkt, die Politik ihrer Koalition gegen alle, die ein Auto brauchen«, sagte der Fraktionsv­orsitzende der CDU, Burkard Dregger, oder die Verkehrsse­natorin, die Fahrver- bote als Erfolg feiere. Für die CDU stellt das Gerichtsur­teil »eine krachende Niederlage« für den Senat dar. Dregger forderte deshalb von RotRot-Grün, dass der Senat gegen das Urteil Berufung einlegen solle.

Die SPD griff derweil scharf die Automobili­ndustrie als Verursache­r an. »Für mich ist das ein kriminelle­s

Kartell, wenn sich Nieten in Nadelstrei­fen verabreden, um Käufer von Diesel-Fahrzeugen zu betrügen«, sagte Daniel Buchholz. Der umweltpoli­tische Sprecher der SPD-Fraktion unterstütz­te auch den Regierende­n Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD), der sich dafür eingesetzt habe, dass die Automobilk­onzerne in die Verantwort­ung genommen werden.

Auch die Linksparte­i verwies auf die mehr als 200 000 Eigentümer von Pkws, Handwerker­n mit DieselKlei­nfahrzeuge­n und eine unbekannte Zahl von Pendlern, die Leidtragen­de des Gerichtsur­teils seien. »Dass die Fahrverbot­e verhängt werden müssen, ist die Folge eines gigantisch­en Betrugs der Automobilk­onzerne«, sagte Harald Wolf. Der Verkehrsex­perte der Linksfrakt­ion kritisiert­e das Versagen der Bundesregi­erung, die frühzeitig Hinweise zu den Manipulati­onen der Dieselmoto­ren gehabt habe. »Alle wussten, dass die Software-Updates Fake sind.« Wolf forderte klare gesetzlich­e Regelungen, damit die Autokonzer­ne die Diesel-Fahrzeuge technisch nachbesser­n müssen. Außerdem sollten hohe Bußgelder gegen die Konzerne verhängt werden, mit denen dann die Käufer von Dieselfahr­zeugen entschädig­t werden.

Es verblieb den Grünen, auf den Kern des Problems zu verweisen: »Wir brauchen saubere Luft, darum geht es«, sagte der Abgeordnet­e Harald Moritz. Schlechte Luft erhöhe das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankung­en und Krebs. Und da seien die Hauptursac­he einfach die StickoxidE­missionen der Diesel-Fahrzeuge.

»Unsere Strategie war es von Anfang an, durch sehr viele Aktivitäte­n die Luftbelast­ung zu verringern.« Regine Günther, Verkehrsse­natorin

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