Grundwerte im Test
Der Ruf nach Konsequenzen für Riad wird lauter
Man hat so lange wie möglich abgewartet, doch seit Saudi-Arabien den Tod des regimekritischen Journalisten Jamal Khashoggi bestätigt hat, wird in Deutschland nun doch über nötige Konsequenzen diskutiert. Der Stopp sämtlicher Waffenlieferungen ist dabei nur ein Baustein. Die Linke fordert weitergehende Sanktionen. »Wenn Bundesregierung und Europäische Union die vielbeschworene Wertegemeinschaft auch nur ansatzweise ernst nehmen, dann müssen jetzt alle Finanzmittel und Vermögenswerte von Kronprinz Mohammed bin Salman und weiteren Verantwortlichen innerhalb der EU eingefroren werden«, forderte die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Sevim Dagdelen. Wer weiterhin auf »Schmusekurs mit den Fürsten der Finsternis in Riad« setze, macht sich mit dem Staatsterrorismus gemein und verliere jede Glaubwürdigkeit in Sachen Menschenrechte.
Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen forderte am Wochenende die Ausweisung saudischer Diplomaten aus Deutschland. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag nimmt zudem die USA als Hauptverbündeten der Ölmonarchie in den Blick. So solle die Bundesregierung zusammen mit allen europäischen Regierungen klarmachen, »dass es sich hier um einen absoluten Testfall der moralischen internationalen Führungsrolle der USA handelt«. Der »Welt am Sonntag« sagte er: »Die Politik von Präsident Trump im Nahen und Mittleren Osten, ganz auf Saudi-Arabien zu setzen, um den Iran zu isolieren, dürfte den saudischen Kronprinzen ermutigt haben zu glauben, dass es für ihn überhaupt keine Grenzen mehr gibt.«
In diesem Sinne wächst der Druck auf Siemens-Vorstandschef Joe Kaeser, am Dienstag nicht an der Investorenkonferenz in SaudiArabien teilzunehmen. Auch zahlreiche Regierungspolitiker appellierten an seine Adresse, dem Beispiel mehrerer großer US-Firmen zu folgen und die Teilnahme an dem auch »Wüsten-Davos« genannten Gipfel abzusagen. Fernbleiben wollen demnach US-Finanzminister Steven Mnuchin und die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, genauso wie der US-Autobauer Ford, die US-Bank JP Morgan und der Fahrdienstvermittler Uber. Joe Kaeser habe sich noch nicht entschieden, teilte ein Konzernsprecher am Sonntag mit.
Ursprünglich standen bei der Konferenz The Future Investment Initiative (FII) mehr als 150 Redner auf der Liste. Etwa zwei Dutzend sollen es sich inzwischen anders überlegt haben, mit Stand vom Samstag wollen jedoch immer noch rund 120 Referenten und Moderatoren teilnehmen.