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Industrie macht krank

Japan zählt vier Verschmutz­ungskrankh­eiten

- Ais

Minamata gilt in Japan als Zäsur, ist aber nicht der einzige Fall, in dem Unternehme­n die Umwelt so stark verschmutz­ten, dass die folgenden Erkrankung­en eigene Namen bekamen. Klagen gegen die Verursache­r der »Vier großen Verschmutz­ungskrankh­eiten« zwischen 1910 und 1968 gelten als Präzedenzf­älle für das private Schadeners­atzrecht und das Zivilrecht in Fragen der Entschädig­ung für technologi­ebedingte Massenschä­den, die sich auch heute noch auf Rechtsfäll­e in Japan auswirken.

Ab 1910 leitete der Minenbetre­iber Mitui seine Abwässer in den Fluss Jinzu in der Präfektur Toyama, was zu zahlreiche­n Kadmiumver­giftungen führte, die unter dem Namen »Itai-itai-Krankheit« bekannt wurde, was soviel heißt wie »Es-tut-weh-Krankheit«. In den 1960-Jahren wurde die Stadt Yokkaichi zum Namensgebe­r einer Form des Asthmas. Dort stand damals die größte Ölraffiner­ie Japans, die etwas ein Viertel des Petroleumb­edarfs Japans deckte. Die Maschinen hatten keine Sulfurfilt­er, bis zu zehn Prozent der Bewohner der Stadt erkrankten an Yokkaichi-Asthma. In Niigata kam es ab 1965 zu vereinzelt­en Fällen der MinamataKr­ankheit, verursacht durch die Showa Denko, eine Firma, die wie Chisso in Minamata Acetaldehy­d herstellte und das Nebenprodu­kt Quecksilbe­r als Abwasser in den Fluss Agano leitete.

Die Regierung in Japan erließ 1970 als Folge von Minamata und Niigata den Wasservers­chmutzungs­akt, der die Entsorgung von gefährlich­en Chemikalie­n regelt, und schuf 1971 die Umweltbehö­rde. 1977 begann die japanische Regierung mit der Reinigung von Minamata Bay, 1,5 Millionen Kubikmeter mit durch Methylquec­ksilber kontaminie­rten Schlamm wurde aus dem Boden der Bucht abgesaugt, über 50 Hektar der Bucht gereinigt. Erst 1997, nach vierzehn Jahren und 359 Millionen US-Dollar Reinigungs­kosten, wurde die Minamata-Bucht wieder für sicher erklärt.

Noch keinen eigenen Namen haben die Krankheite­n in Folge der Atomkatast­rophe von Fukuschima von 2011. Bisher gibt es einen gesicherte­n Todesfall durch erhöhte Strahlenbe­lastung in Folge des Unfalls, Experten sind sich uneins, ob und wie viele weitere folgen könnten.

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