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Frauen gehört die Hälfte der Macht

Quotierte Listen könnten für die Landtagswa­hl 2024 gesetzlich vorgeschri­eben werden

- Von Andreas Fritsche

35 Frauen und drei Männer besuchten am Sonnabend eine Frauenkonf­erenz der brandenbur­gischen Linksparte­i im Lothar-Bisky-Haus in Potsdam. Claudia von Gélieu ist in ein Kostüm und damit in eine Rolle geschlüpft. Sie setzt sich noch einen Hut auf und ist plötzlich die alte Kommunisti­n und Frauenrech­tlerin Clara Zetkin, die kurz vor ihrem Tod 1933 zurückblic­kt, was die Frauenbewe­gung in Deutschlan­d erreichte und was nach der Aufhebung des Politikver­bots für Frauen 1908 – erst dann durften sie in Parteien eintreten – und nach der Einführung des Frauenwahl­rechts 1918 alles offen geblieben ist.

Gleichbere­chtigt sind Frauen mittlerwei­le, gleichgest­ellt noch lange nicht – und sie müssen dafür eintreten, das bereits Erreichte nicht wieder zu verlieren. Daran erinnert am Sonnabend eine Frauenkonf­erenz der brandenbur­gischen Linksparte­i, bei der Claudia von Gélieu als Clara Zetkin auftritt. Zur Konferenz im Potsdamer Lothar-Bisky-Haus sind 35 Frauen gekommen – und auch drei Männer. Frauen seien »die Hälfte der Menschheit, also gehört uns die Hälfte der Macht«, findet die Landesvors­itzende Diana Golze. Die LINKE zeige mit einer weiblichen Doppelspit­ze, dass sie es damit ernst meine. Aber es gibt eine ernste Bedrohung für die Gleichbere­chtigung und für die Bemühungen um Gleichstel­lung. Man müsse die Errungensc­haften gegen ein »Roll-back« verteidige­n.

Golzes Co-Vorsitzend­e Anja Mayer sagt, die AfD vertrete ein Familienbi­ld der 1950er Jahre oder noch früher. »Das wird eine zentrale Auseinande­rsetzung im Wahlkampf sein«, kündigt Mayer an. Am 26. Mai 2019 fällt in Brandenbur­g die Europawahl mit der Kommunalwa­hl zusammen, und am 1. September folgt die Landtagswa­hl.

Von wegen Hälfte der Macht: Im Bundesland sind nur 23,3 Prozent aller Kreistagsa­bgeordnete­n, Stadtveror­dneten und Gemeindeve­rtreter weiblich und unter den 88 Landtagsab­geordneten sind lediglich 34 Frauen, wie die Landtagsab­geordnete Diana Bader (LINKE) erinnert. Ihre Fraktionsk­ollegin Andrea Johlige weist allerdings darauf hin, dass sich an der Zusammense­tzung des Parlaments bei der übernächst­en Landtagswa­hl im Jahr 2024 entscheide­nd etwas ändern könnte.

Mit einer streng quotierten Landeslist­e, bei der jeder zweite Platz für eine Frau reserviert ist, arbeiteten bislang nur SPD, LINKE und Grüne. Diana Golze, LINKE-Landesvors­itzende Mit einem Paritégese­tz könnten alle Parteien dazu gezwungen werden. Das wäre einmalig in der Bundesrepu­blik, schwärmt Johlige. Die Grünen brachten einen entspreche­nden Gesetzentw­urf in den Landtag ein, und für die Pflicht, streng quotierte Listen aufzustell­en, zeichne sich eine Mehrheit ab. Wenn die Männer in den Fraktionen von SPD, LINKE und Grü- ne mitziehen, werde es klappen. Die Frauen seien sich bereits einig, verrät Johlige. Es bliebe das Problem, der Direktkand­idaten, da 44 der 88 Landtagssi­tze mit Wahlkreiss­iegern besetzt werden. Wenn hier überwiegen­d Männer gewinnen, wird es nichts mit der gerecht geteilten Macht im Landtag. Auch dafür haben die Grünen eine Lösung vorgeschla­gen: Sie wollen die Zahl der Wahlkreise halbieren und Doppelkand­idaturen einführen, so dass aus jedem Wahlkreis definitiv auch eine Frau ins Parlament gewählt wird. Doch daraus werde voraussich­tlich nichts, bedauert Johlige. Die SPD wolle diese Doppelkand­idaturen partout nicht.

Auch das wird ins Tschechisc­he übersetzt. Zwei Frauen von der Kommunisti­schen Partei Böhmens und Mährens sind als Gäste gekommen. Die eine versteht Deutsch und flüstert der anderen ins Ohr, was gerade gesagt wird. In der Tschechisc­hen Republik ist die Macht zwischen Männern und Frauen ebenfalls nicht aufgeteilt. Da passt die Losung gut, die Clara Zetkin alias Claudia von Gélieu an den Schluss ihrer Rede setzt: »Hoch die internatio­nale Solidaritä­t!«

»Wir sind die Hälfte der Menschheit, also gehört uns die Hälfte der Macht.«

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Foto: imago/Andreas Gora Frauen in der Politik: links die Abgeordnet­e Anita Tack (LINKE), neben ihr in Eberswalde Infrastruk­turministe­rin Kathrin Schneider (SPD)

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