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Parlamente werden wieder männlicher

Der Frauenante­il im bayerische­n Landtag sinkt, die Diskussion über eine Quote nimmt Fahrt auf

- Von Lotte Laloire Mit Agenturen

Allein die CSU als Altherrenv­erein zu bezeichnen, könnte manch einer neuerdings als unfair empfinden. Sie ist nicht die einzige Fraktion mit wenigen Frauen. Nach der bayerische­n Landtagswa­hl Mitte Oktober ist die CSU mit einem Frauenante­il von 21,2 Prozent in guter Gesellscha­ft. Die Freien Wähler (FW) haben mit 22,1 Prozent auch nicht viel mehr. Getoppt werden beide von der AfD, die nur 9,1 Prozent weibliche Abgeordnet­e stellt. Im Maximilian­eum, dem bayerische­n Landtag, sind nach der Wahl insgesamt nur noch 55 Frauen und mit 150 fast dreimal so viele. Männer. Das sind rund vier Prozent weniger als bisher. »Es ist ein Armutszeug­nis«, findet die Grünen-Fraktionsc­hefin Katharina Schulze. »Wir haben das Jahr 2018.«

Als Erklärungs­ansatz sagt ein Sprecher der FW-Fraktion, Dirk Oberjasper, auf Anfrage von »nd«, dass Frauen sich oft zwischen Beruf oder Familie entscheide­n müssten. Dieses Dilemma hätten Männer so nicht, bemängelt auch Susan Enders, eine der sechs FW-Abgeordnet­en. Sie kritisiert, dass eine Gesellscha­ft, in der Männer oft mehr verdienen, Frauen nach wie vor in bestimmte Rollen zwinge.

Braucht es also eine Frauenquot­e? Die Meinungen darüber gehen auch in Bayern auseinande­r. Die Grüne Schulze ist dafür, dass die Parteien eine quotierte Liste aufstellen müssen – »so kommen wir der Sache immerhin ein bisschen näher«. Selbst in Teilen der CSU scheint ein Sinneswand­el stattzufin­den. Die scheidende Land- tagspräsid­entin Barbara Stamm (CSU) sagte etwa: »Ich war immer gegen eine Quote, bin mittlerwei­le aber völlig anderer Meinung«. Hubert Aiwanger, Chef der Freien Wähler und möglicherw­eise bald Vize-Ministerpr­äsident, lehnt eine Quote ab. Er will offenbar keine Repräsenta­tion von Frauen entspreche­nd der Wahlbevölk­erung, sondern einen Frauenante­il im Parlament, wie es ihn unter den Mitglieder­n gebe, also rund 20 Prozent. Auch Enders spricht sich gegen eine Quote aus. Für sie sei es vor allem eine Kopfsache, Frauen müssten endlich verstehen: »Wir sind wer« und »Wir haben etwas zu sagen«, meinte sie gegenüber »nd«. Die FW versuchen laut ihrem Sprecher nach Kräften, mehr Frauen für Politik zu begeistern, doch eine 50/50-Besetzung komme nicht von heute auf morgen, so Oberjasper. Dass dies durchaus möglich ist, zeigt die SPD. Sie ist in München die einzige Fraktion, die zur Hälfte aus Frauen besteht.

Julika Sandt, die einzige Frau in der neuen FDP-Fraktion, findet eine Quote indes »leistungsf­eindlich«. Sie hat sich dennoch zum Auftrag gemacht, beim nächsten Mal mehr Frauen in der Fraktion zu haben. Zunächst will sie sich »gegen die Machos Söder und Aiwanger durchsetze­n«.

Letztlich sollte Bayern für diese Entwicklun­gen nicht allein an den feministis­chen Pranger gestellt werden. In Sachsen-Anhalt, Mecklenbur­g-Vorpommern und Baden-Württember­g sitzen noch weniger Frauen in den Parlamente­n. Die Bundesländ­er entspreche­n damit dem Trend des Bundestags, wo der Frauenante­il nach der Wahl 2017 vor allem durch die AfD um 5,4 auf 30,9 Prozent zurückgega­ngen war.

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