Pizza bei der AfD bestellen
In Berlin hat die extrem rechte Partei ein Meldeformular für Lehrkräfte gestartet – Kritik kommt von allen Seiten
Nach anderen Bundesländern hat nun die AfD-Fraktion im Abgeordnetenhaus ein Meldeformular gegen AfD-kritische Lehrer*innen initiiert. Die vielen Proteste zeigen, dass die Idee wohl erfolglos bleibt. Auf der Internetseite der AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus können Schüler*innen und Eltern seit diesem Montag Lehrkräfte melden, die sich kritisch gegen die Partei äußern. Mit kreativen Ideen bis rechtlichen Schritten versuchen verschiedene Akteur*innen, die Plattform nutzlos zu machen. So will Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) überprüfen lassen, ob die Aktion wirklich zulässig ist. Die AfD nutzt nämlich eine Gesetzeslücke im Datenschutzgesetz. Zwar dürfen Partei- en, Vereine oder Unternehmen Daten auf diese Weise nicht sammeln, aber das Parlament ist davon ausgenommen. Da die AfD-Fraktion Teil des Parlaments ist, gehört diese nicht zur Partei, wodurch ein rechtliches Vorgehen schwierig ist. Die Meldeseite »sät Misstrauen, fördert Denunziantentum und vergiftet das Schulklima«, sagte Scheeres.
Neben der LINKEN, SPD und Grünen protestieren auch zivilgesellschaftliche Gruppen. Eine Online-Petition mit dem Titel »Mein Lehrer fetzt« ging an die Kultusministerkonferenz, den Zusammenschluss für Bildungsministerien und -Senate. Insgesamt unterschrieben bisher mehr als 47 000 Menschen, um sich mit Lehrkräften zu solidarisieren, die demokratische Werte und gesellschaftliche Vielfalt vermittelten. Außerdem soll die Kulturministerkonferenz der Bundesländer »alle rechtlichen Möglichkeiten« ausschöpfen, »eine solche parteipolitische Denunziation zu unterbinden«.
Lehrkräfte selbst sind genauso wenig mit dem Meldeformular einverstanden. Tom Erdmann, Landesvorsitzender der Berliner Lehrergewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), schlug im rbb vor, dass Kolleg*innen »sich nicht einschüchtern lassen sollen und dass sie auch damit kreativ umgehen sollen«, etwa über das Meldeformular eine Pizza bestellen oder eine »Spaßmeldung, dass das Kind aus dem Kunstunterricht wieder ganz rot-grün-versifft nach Hause kommt« abgeben. Zwei Drittel des Kollegiums der Kreuzberger LinaMorgenstern-Schule zeigte sich gleich selbst bei der AfD-Fraktion an: »Wir legen großen Wert darauf, auf dieser Liste zu stehen, denn wir werden auch in Zukunft dafür Sorge tragen, dass Schüler*innen befähigt werden, sich über den Charakter Ihrer Partei ein Bild zu machen.«
Andere Ableger in Hamburg und Sachsen wurden durch Gegenaktionen bereits gestört, in Baden-Württemberg musste die AfD ihre Plattform offline nehmen. Die Piratenpartei hatte eine Seite gestaltet, mit der Benutzer*innen per Zufallsgenerator AfD-Zitate erhalten und im Formular an die Partei abschicken konnten. Die AfD-Seite wurde derartig mit Falschmeldungen überspült, dass sie nach einem Tag offline ging. TwitterNutzer*innen empfehlen nun die Piraten-Idee für Berlin. Zwar können Meldungen nur an die AfD in Sachsen und Hamburg geschickt werden, die generierten Zitate können aber in das Berliner Meldeformular eingefügt werden.