nd.DerTag

Freier Wählerwahn

Uwe Kalbe über Parteichef Aiwangers Plan, nun in den Bundestag einzuziehe­n

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Der »gesunde Menschenve­rstand« ist ihre Parole, dem etablierte­n Parteiensy­stem gilt die Skepsis der Freien Wähler, auch wenn sie selbst immerhin seit 1965 Partei sind. Irgendwo zwischen CSU und AfD rangieren sie politisch, in Süddeutsch­land sind sie kommunal verankert. Der jüngste Wahlerfolg in Bayern scheint aber eine irrational­e Euphorie ausgelöst zu haben. Parteichef Aiwanger jedenfalls sieht seine Freiwähler nun schon im Bundestag.

Ist das denkbar? Was sollte den bleiernen Deckel von einem Prozent bundesweit und knapp zwei Prozent in Hessen plötzlich sprengen, dass sich Oberfreiwä­hler Aiwanger derart in die Brust wirft? Es ist die Spekulatio­n auf die AfD, die bundesweit auf dem Vormarsch ist und von deren Sog die Freien Wähler zur Wahl in Bayern profitiert­en, indem sie ihr ein paar Überläufer von der CSU wegschnapp­ten. Bundesweit hat dieses Modell aber kaum Aussicht auf Erfolg, denn außerhalb Bayerns fehlt der Partei jede Attraktivi­tät. 2008 konnte sich angeblich jeder vierte Bundesbürg­er vorstellen, Aiwangers Truppe anzukreuze­n. Grund waren die eurokritis­chen Debatten der Konservati­ven, damals war der spätere AfD-Gründer Bernd Lucke in den Reihen der Freiwähler aktiv. Es kam die Trennung, und es ging wieder bergab. Inzwischen ist die Zeit auch über Lucke hinweggega­ngen, das Schicksal einer »AfD light« auf Bundeseben­e damit besiegelt. Aiwanger wird daran nichts ändern.

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