Proteste vertreiben Google-Campus
Internetkonzern zieht sich aus Projekt in Berlin-Kreuzberg zurück
Berlin. Im Umspannwerk Berlin-Kreuzberg wird kein Google-Campus entstehen, in dem Start-ups unter Anleitung des Internetgiganten ihr Geschäftsmodell entwickeln können. Das gab der Konzern am Mittwoch bekannt. Stattdessen sollen auf den Flächen mit BetterPlace und Karuna zwei sozial orientierte Unternehmen das Sagen haben.
»Es war immer klar, dass wir zweigleisig fahren würden, mit Start-ups und sozialen Organisationen«, erklärte Ralf Bremer, Sprecher von Google Deutschland, dem »nd«. »Je konkreter das Projekt wurde, desto mehr hatte sich herausgestellt, dass die vollständige Umwidmung für soziale Zwecke am sinnvollsten ist«, sagte Bremer weiter. Einen Zusammenhang mit den Protesten gegen die Ansiedlung will Google nicht einräumen. »Wer nicht mit uns spricht, kann sich nicht einbringen«, so Bremer. Der Friedrichshain-Kreuzberger Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) sprach derweil von einem »Wendepunkt in der kontroversen Debatte um den geplanten Google-Campus«.
Martin Kröger Dass die CDU (»Fatales Signal!«) und die FDP (»Schaden der gesamten Stadt«) die Umwandlung des Google-Campus zugunsten von sozialen Organisationen politisch ausschlachten werden, war erwartbar. Wer angesichts von realer Verdrängung von alteingesessenen Berlinern aber in diesem Kontext von »Kiez- und Milieuschutz-Fanatikern« schwadroniert, hat Berlin nicht verstanden. Das schlägt sich dann natürlich auch in miesen Zustimmungswerten in den Umfragen nieder.
Wie unsinnig die Mär vom »investorenfeindlichen« Berlin darüber hinaus ist, die die Rechten verbreiten, zeigt ein Blick auf die wirtschaftlichen Fakten: Nach Angaben der Investitionsbank Berlin wird das Bruttoinlandsprodukt der Hauptstadt mit einem Plus von 2,7 Prozent erneut über dem Bundesdurchschnitt liegen. Wegen der hohen Dynamik steigt auch die Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Jobs. Was das angeht, liegt Berlin mit einer Steigerung von 49 500 auf 1,48 Millionen Jobs innerhalb eines Jahres an der Spitze der Bundesländer. Dass der Wegfall von 60 Büroarbeitsplätzen, die Google im Umspannwerk Kreuzberg einrichten wollte, diese allgemeine wirtschaftliche Dynamik brechen wird, ist auszuschließen.
Für die zahlreichen Initiativen, die um ihre Kieze kämpfen, ist der Schwenk des Internetkonzerns, dagegen ein schöner Erfolg. Mehr aber auch nicht. Deshalb werden in Kreuzberg an diesem Mittwochabend keine Sektkorken knallen. Zwar wird die Ansiedlung der sozialen Unternehmen begrüßt. Aber die genauen Details der Vereinbarung von Google sind unbekannt. Und an der alles bedrohenden Verdrängungsrealität ändert die Google-Entscheidung gar nichts. Die läuft auch ohne Campus täglich weiter.