Messlatte tiefer gehängt
Die Deutsche Bank peilt nach drei Verlustjahren für 2018 wieder einen Gewinn an
Einst versuchte die Deutsche Bank, mit den großen Kreditinstituten der USA mitzuhalten. Diese Zeiten sind vorbei. Doch die Bank tut sich auch mit ihren niedrigeren Zielen noch recht schwer. Es kam nicht ganz so schlimm wie befürchtet. Analysten hatten einen Gewinneinbruch um zwei Drittel erwartet. Tatsächlich sackte der Gewinn vor Steuern im dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum allerdings »nur« von 933 Millionen auf 506 Millionen Euro ab, teilte die Deutsche Bank am Mittwoch in Frankfurt am Main mit. Doch immerhin erwartet der seit April amtierende neue Chef Christian Sewing weiterhin für 2018 den ersten Gewinn nach drei Verlustjahren.
Doch auch unter Sewing sucht das Institut noch nach früherer Größe. Dabei hat der neue Konzernchef die Messlatte tiefer gehängt. Statt mit den US-amerikanischen Finanzinstituten mitzuhalten, will er die Deutsche Bank stärker als europäische Bank positionieren.
Auch dies sei ein ehrgeiziges Ziel, merkt die UBS an. Die Analysten der Schweizer Großbank, die selber mit einem Geldwäscheskandal vor einem Pariser Gericht zu kämpfen hat, erklärten kürzlich, der Deutschen Bank fehle es schlicht am nötigen Kapital, um eine radikale Kehrtwende zu finanzieren. So hat ein Stresstest der US-Notenbank Fed im Juni erhebliche Mängel bei den internen Kontrollen und dem Risikomanagement an den Tag gebracht. Zweifel wurden laut, ob Sewing überhaupt die nötigen Informationen aus seinem Hause bekommt, um vernünftig planen zu können. Wie bei anderen Großbanken gleicht die Informationstechnologie einem Flickenteppich. Und der ist über Jahrzehnte gewachsen.
Mangelhafte Informationssysteme und überbordende Komplexität kritisiert auch die deutsche Finanzaufsicht Bafin. Ende September drückte sie erstmals in ihrer Geschichte einer Bank einen Sonderbeauftragten zur Vorbeugung gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung auf. Die Deutsche Bank solle »angemessene interne Sicherungsmaßnahmen ergreifen und allgemeine Sorgfaltspflichten einhalten«, watschte die Aufsicht die deutsche Nummer eins ab. So haben die Banker offenbar Schwierigkeiten, internationale Kunden zu identifizieren.
Mit dem aktuellen Geldwäscheskandal bei der dänischen Danske Bank soll dies aber nichts zu tun haben. Doch die Deutsche Bank war in der Vergangenheit in zahlreiche Affären verstrickt, unter anderem in die Manipulation des Referenzzinssatzes Libor und in verbotene Russland-Geschäfte. Die Verfehlungen zogen teilweise milliardenschwere Strafen nach sich.
Bessere Kontrollen und der Umbau der Bank kosten viel Geld. Also dreht Sewing an der Kostenschraube. Rund 1450 Arbeitsplätze, allen voran in der Infrastruktur, strich der Vorstandsvorsitzende im dritten Quartal, während die Bank rund 750 Hochschulabsolventen einstellte. Unterm Strich sanken die Kosten daher um ein Prozent. Bis Ende 2019 soll die Zahl der Vollzeitstellen jedoch von einst 100 000 auf deutlich unter 90 000 sinken.
Kosten senken ist das eine. »Andererseits lässt die Wende bei den Erträgen auf sich warten«, schrieb Sewing an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In der Folge zogen Anle- ger erneut Kapital von der Fondsgesellschaft DWS ab, meldete das wichtige Tochterunternehmen jetzt. Die Erträge des Konzerns beliefen sich auf 6,2 Milliarden Euro und verringerten sich damit gegenüber dem Vorjahreszeitraum um neun Prozent. Dies ist allerdings auch Einmaleffekten wie dem Verkauf des Privatkundengeschäfts in Polen geschuldet.
Man müsse, schrieb Sewing, »weiter daran arbeiten, wieder in allen Geschäftsbereichen zu wachsen«. Das wird nicht einfach. Aus dem lukrativen US-Markt hat sich die Deutsche Bank weitgehend zurückgezogen. Daher profitierte sie nicht wie ihre amerikanischen Konkurrenten von der guten US-Konjunktur und den lange Zeit steigenden Aktienkursen an der Wall Street.
Doch Sewing hat noch Trümpfe in der Hand. Auf dem Heimatmarkt komme die Integration des Privatund Firmenkundengeschäfts der Postbank »gut voran«, so der Konzernlenker. Auch die Zusammenarbeit mit dem italienischen Versicherer Generali solle ausgebaut werden.
Mit mehreren Großbanken baut die Deutsche Bank zudem eine digitale Plattform für Handelsfinanzierungen auf. Damit ist sie in der modernen Internetökonomie angekommen. Die Begleitung von deutschen Konzernen auf den globalen Märkten gehört indes weiter zum Kerngeschäft.
Dabei hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz öffentlich bedauert, dass die heimischen Kreditinstitute nicht die nötige Größe hätten, um die deutsche Wirtschaft zu begleiten. Das stieß auf Kritik bei den Sparkassen und nährte Gerüchte über eine Fusion der Deutschen mit der Commerzbank.