Arsen in der Atemluft
Eine armenische Kupferschmelze vergiftet Arbeiter und Umwelt – einziger Kunde ist ein deutscher Konzern
Wegen massiver Umweltzerstörungen droht einer Kupferhütte in Armenien die Schließung. Die Missstände sind seit Langem bekannt, doch die Verantwortlichen weigerten sich, daran etwas zu ändern. In der Kupferhütte Alawerdi in Armenien werden grundlegende Arbeits- und Menschenrechte immer noch verletzt. Vor einem Jahr hatten Vertreter von Nichtregierungsorganisationen auf die Missstände in der Fabrik von ACP, einer Tochtergesellschaft des armenischen Bergbauunternehmens Vallex, hingewiesen (»nd« berichtete). Seinerzeit kündigte das deutsche Unternehmen Aurubis, das seit rund 20 Jahren die gesamte Produktion der Kupferhütte abkauft, an, ACP »mit Rat und Tat« etwa bei dem Problem der fehlenden Abgasreinigung zu unterstützen.
Aber: »Die Situation in der Kupferhütte in Alawerdi ist die gleiche wie vor einem Jahr«, sagt Victoria Burnazyan von der Nichtregierungsorganisation Ecolur, die sich seit Langem mit der Umweltsituation in der nordarmenischen Kleinstadt beschäftigt. Nach den politischen Umwälzungen in Armenien im Frühjahr habe immerhin das Umweltschutzamt begonnen, die Anlage zu inspizieren.
In dem Schmelzbetrieb arbeiten 580 Menschen für umgerechnet etwa 200 Euro Monatslohn. Die Arbeiter sind sowohl Strahlungswärme als auch Rauch ohne Schutzausrüstung ausgesetzt, wie NGOs kritisieren. Beides berge erhebliche Gesundheitsrisiken wie chronische Lungenschäden oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dass große Mengen Arsen freigesetzt werden, ist besonders gefährlich, wie Ärzte meinen. Den Stoff einzuatmen, könne zu Lungen- und zu Blasenkrebs führen. Eine hohe Arsen-Konzentration im Rauch könne zudem Hautkrebs verursachen, weil sich der Stoff wie Staub auf die Haut der Arbeiter legt. NGOs sehen einen klaren Verstoß gegen die international gültigen Mindeststandards der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO).
Laut dem »Global Compact« der UNO sollen sich Unternehmen darum bemühen, dass bestimmte soziale und ökologische Mindeststandards weltweit eingehalten werden. Aurubis hat diese Richtlinien unterschrieben. Auf seiner Internetseite weist der weltgrößte Kupferwiederverwerter auf die Verantwortung für die Lieferkette und den Beitritt zum Netzwerk für verantwortungsvolle Unternehmensführung unter dem Dach der UNO hin. »Seit Dezember 2014 bekennen wir uns zum Global Compact der Vereinten Nationen und verpflichten uns damit, an der Umsetzung seiner zehn Prinzipien zu Menschenrechten, Arbeitsnormen, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung zu arbeiten«, heißt es dort. Und: »Wir verlangen von unseren Geschäftspartnern neben der Einhaltung der lokalen Gesetze, dass die durch die UN auferlegten Sanktionen oder Handelsrestriktionen sowie UNKonventionen in Bezug auf Menschenrechte, Umweltschutz und Sicherheit eingehalten werden.« Außerdem bekennt sich Aurubis zu den Kernarbeitsnormen der ILO.
Die NGOs sehen das Hamburger Unternehmen daher in der Pflicht, negative Auswirkungen auf Menschenrechte, die direkt im Zusammenhang mit ihren Geschäftspartnern stehen, zu identifizieren. Dazu gehören, so die Aktivisten, die schlechten Arbeitsbedingungen und die Umweltschädigungen. Da Vallex internationale Richtlinien breche, müsste der deutsche Abnehmer Aurubis eigentlich Druck auf die armenische Bergbaugesellschaft und eventuell auch die dortigen Behörden ausüben, die Missstände schnell zu beseitigen.
»Im Laufe des letzten Jahres haben sich aufgrund interner Umstrukturierungen bei ACP in Alawerdi die dortigen Ansprechpartner für Aurubis geändert«, erklärt Malte Blombach, Senior Communications Manager bei Aurubis. »Im Zuge dieser Veränderungen ist ein persönliches Treffen vorgesehen, in dem auch Umwelt- und Arbeitssicherheitsaspekte angesprochen werden sollen.« Leider sei dieses Treffen bis zuletzt aus terminlichen Gründen nicht zustande gekommen. Wie der Aurubis-Sprecher weiter ausführte, sei ein »persönlicher Austausch« mit dem ACP-Management während der »LME Week«, einem Treffen der globalen Metallbranche, Anfang Oktober vorgesehen gewesen. ACP habe dann doch nicht an der Veranstaltung teilgenommen.
Allerdings ist in Armenien inzwischen einiges in Bewegung gekommen: So veröffentlichte das Umweltamt vor einigen Tagen die Ergebnisse seiner Untersuchung. Demnach habe die Kupferhütte Umweltschäden im Umfang von 380 Millionen Armenischen Dram (etwa 680 000 Euro) verursacht. Die Gründe dafür seien Luftverschmutzung, Wasserkontaminierung und eine unzureichende Müllentsorgung. Nun wird darüber spekuliert, dass die Regierung womöglich die Schließung der Kupferhütte anordnen könnte. Für die Beschäftigten ist das natürlich keine Alternative – sie demonstrierten bereits für den Erhalt ihrer Jobs.
Laut dem »Global Compact« der UNO sollen sich Unternehmen darum bemühen, dass bestimmte soziale und ökologische Mindeststandards weltweit eingehalten werden.