Kein Vertrauen in die Institutionen
Erster Brandenburg-Monitor spricht von Lebenszufriedenheit, aber auch Zukunftssorge
Allgemein scheint die Mehrheit der Brandenburger mit ihrem Leben zufrieden, wenn es aber konkret wird, ist die Mark oft ein zweigeteiltes Land. Das ist das Ergebnis des ersten Brandenburg-Monitors. Die Hälfte der Brandenburger blickt mit Sorgen in die Zukunft. Das Vertrauen in die gegebenen Parteien, selbst in die, die der Mensch wählt, ist auf dem Nullpunkt. Im Vormarsch sind nationalistische Gesellschaftsvorstellungen (54 Prozent Zustimmung). Genauso viele Befragte fühlen sich schon »fremd im eigenen Land« und glauben nicht, dass es im Land gerecht zugeht.
Das sind einige der Befunde, die sich aus dem am Mittwoch in Potsdam vorgestellten Brandenburg-Monitor ergeben. Natürlich – das ist nichts Ungewöhnliches – finden sich darin auch ganz andere Aussagen, solche, die den Erstgenannten widersprechen. So gibt es unter den Brandenburgern eine hohe Lebenszufriedenheit, und auch der Anteil unter ihnen, der die eigene finanzielle Situation als gut oder sehr gut bewertet, ist nicht klein. Fast zwei Drittel der 1001 Befragten gaben an, dass die Richtung, in die sich das Land bewege, insgesamt vertretbar und gut sei, falsch finden diese Richtung 35 Prozent. Fast die Hälfte der Befragten erwartet, dass sich Wirtschaft und Wirtschaftslage in den kommenden Jahren positiv entwickeln, ein Viertel verneint das.
Rund 45 Prozent der Brandenburger sind offenbar mit der Arbeit ihrer Landesregierung eher zufrieden, ebenso viele teilen diese Ansicht nicht. Ein, verglichen mit der Lage in anderen Bundesländern, akzeptabler Wert, findet Rita Müller-Hilmer von der Gesellschaft für Politikforschung und Politikberatung, die diese Studie im Beisein von Staatskanzleichef Martin Gorholt (SPD) vorstellte. Keineswegs aber lasse sich ableiten, dass die Gesellschaft in Brandenburg stabil und mit sich im Reinen sei, erklärte sie. Deutlich trete hervor, dass Menschen ihre persönliche Lebenssituation als positiv bewerten, die allgemeine Lage und die Zukunftsaussichten eher pessimistisch beurteilen.
Eine große Mehrheit (79 Prozent) tritt demnach für eine Gesellschaft ein, in der die Starken mit den Schwachen solidarisch sind, in der Frauen gleichberechtigt sind (74 Prozent) und Behinderte ein gutes Leben führen können (73 Prozent). Auch lehnen zwei Drittel Antisemitismus und die Diskriminierung von Homosexuellen ab. Doch glaubt fast die Hälfte der Befragten, dass Langzeitarbeitslose sich »auf Kosten anderer ein bequemes Leben machen«. Und immerhin 41 Prozent treten dafür ein, dass Menschen, die schon immer in Deutschland leben, mehr Rechte bekommen sollen als später Zugezogene. Auch gehen knapp zwei Drittel der Befragten davon aus, dass die meisten der in Deutschland lebenden Muslime die tradierten Regeln des Zusammenlebens nicht akzeptieren.
Bei der Frage nach dem wichtigsten politischen Problem des Landes hat das Thema Flucht und Asyl die früher bestimmende Angst vor Arbeitslosigkeit abgelöst. Dass die Geflüch- teten Thema Nummer eins seien, glauben 38 Prozent der 16- bis 29-Jährigen, aber nur 34 Prozent der 30- bis 49-Jährigen.
Lediglich jeder Zehnte der Befragten vertraut den Parteien. Ähnlich sieht es bezüglich des Vertrauens in die Bundesregierung aus. Auch die rot-rote Landesregierung sehen zwei Drittel der Befragten kritisch. Mit einem massiven Vertrauensverlust hat aber nicht nur die Politik zu kämpfen, sondern auch die Medien. Wirkliches Vertrauen genießen laut Monitor in sehr großem Maße nur die Feuerwehr und in kleinerem Maße die Polizei.
Höher Gebildete haben sich bei der Monitor-Befragung im Sommer im Schnitt positiver zur eigenen Situation und den Zukunftsaussichten geäußert. Die 30- bis 49-Jährigen blicken am sorgenvollsten in die Zukunft. »Die Landesregierung muss sich vor allem dafür interessieren, dass viele mit ihrer finanziellen Situation nicht zufrieden sind«, sagte Gorholt. Auch das quasi nicht mehr vorhandene Vertrauen in politische Parteien sei »schwierig«. Bemerkenswert sei, dass sich die Antworten im Speckgürtel um Berlin zwar von jenen in entfernten Landesteilen unterscheiden – aber nicht so stark, wie man hätte erwarten können. Insgesamt jedoch lebt der Mensch in Berlinnähe zufriedener. Dass eine Mehrheit sich fremd im eigenen Land fühle, sei eine Mahnung, dass abgelehnte Asylbewerber auch wirklich abgeschoben werden, fügte Gorholt hinzu.