Teilerfolg für Verein »Miteinander«
Gericht untersagt Behauptung der AfD-Fraktion in Sachsen-Anhalt
Der Demokratieverein »Miteinander« in Sachsen-Anhalt sieht sich einer Kampagne der AfD ausgesetzt. Vor Gericht hat er bei deren Abwehr jetzt zumindest einen Teilerfolg errungen. Die Drohung war deutlich: Die Arbeit des Vereins »Miteinander e. V.« in Sachsen-Anhalt sei ein »Spuk, der beendet werden muss«. So hatte es vor zwei Monaten André Poggenburg formuliert. Er war einst Landes- und Fraktionschef der AfD und ist jetzt Vorsitzender einer Enquetekommission im Landtag, die sich mit »Linksextremismus« befassen soll. Poggenburg äußerte sich auf einer Pressekonferenz, auf der die AfD schwere Vorwürfe gegen den Demokratieverein erhob. Zumindest einen davon darf sie jetzt nicht mehr äußern – bei Strafe eines Ordnungsgeldes von bis zu einer Viertelmillion Euro. Das hat eine Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg entschieden.
Der Verein hatte geklagt, weil ihm unter anderem vorgeworfen wurde, Regeln des Datenschutzes zu missachten. Die AfD habe damit eine Tatsachenbehauptung aufgestellt, aber diese nicht belegt: »Sie hat nicht erklärt, ob und auf welche Weise gegen den Datenschutz verstoßen wird«, sagte der Gerichtssprecher Christian Löffler. Die Äußerung darf nun öffentlich nicht wiederholt werden. Damit sei »einer der zentralen Vorwürfe« einer Kampagne zur Diskreditierung des Vereins »rechtlich in die Schranken gewiesen« worden, sagte »Miteinander«-Geschäftsführer Pascal Begrich.
In einem anderen Punkt blieb die Klage des Vereins jedoch erfolglos. Dabei geht es um den Vorwurf, »Miteinander« »verleumde« Politiker der AfD. Obwohl es sich um einen Begriff handelt, der auch im Strafrecht verwendet wird, sah das Gericht seine Verwendung in diesem Fall durch das Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt. Außerdem sei der Verein in einem politischen Umfeld tätig. Damit müsse er sich auch »scharfer Kritik im politischen Meinungskampf stellen«, erklärte Löffler.
Die Kampagne der AfD geht freilich über Kritik deutlich hinaus; ihr erklärtes Ziel ist es, den Verein auszuschalten. Man wolle darauf hinwirken, dass ihm die Gemeinnützigkeit aberkannt werde, sagte Fraktionschef Oliver Kirchner im August. Er warf »Miteinander« unter anderem Verschwendung und Missbrauch von Fördermitteln, »fehlende Abgrenzung vom Linksextremismus« und Verstöße gegen das Neutralitätsgebot vor. Zuvor hatte die AfD den Verein mittels einer 236 Punkte umfassenden Großen Anfrage an die Regierung durchleuchtet. Kirchner hatte auch gefordert, die Förderung des Ver- eins im Landesetat »vollständig zu streichen«.
Zumindest mit diesem Ansinnen ist die AfD gescheitert. Die Landesregierung verständigte sich kürzlich sogar auf eine Erhöhung der Fördergelder für »Miteinander«. 2019 soll der Verein 208 900 Euro Grundförderung bekommen, 5900 Euro mehr als in diesem Jahr. Dem gingen allerdings einige Querelen in der Koalition aus CDU, SPD und Grünen voraus. Sven Schulze, Generalsekretär der CDU, hatte die Auflösung des Vereins gefordert und angeregt, ihn neu zu gründen mit dem Ziel, »gegen Links- und Rechtsextremismus gleichermaßen zu agieren«. SPD und Grüne hatten sich dagegen klar zum Verein in seiner jetzigen Ausrichtung bekannt. Dieser war 1999 nach dem Einzug der rechtsextremen DVU in den Landtag gegründet worden und widmet sich laut Satzung der »Bekämpfung der Ausbreitung des Rechtsextremismus«. Dabei rückte zuletzt auch die AfD in den Blickpunkt, die sich in Sachsen-Anhalt nach Einschätzung des Vereins zur »völkisch-nationalen Partei« radikalisiert hat.
Angesichts der Versuche der Partei, den Verein mundtot zu machen, hatte dieser viel Solidarität erfahren. Mehr als 30 teils bundesweit tätige Organisationen protestierten in einem Appell und auf großformatigen Plakaten gegen dessen Diskreditierung. Zu den Unterzeichnern gehören der DGB, Pro Asyl und der Sozialverband AWO. Derlei Hilfe nimmt der Verein auch nach dem Urteil gern in Anspruch. Es gelte, sagte Geschäftsführer Begrich, »auch jenseits rechtlicher Fragen die Diffamierungen zurückzuweisen«.
Ziel der AfD ist es, den Verein auszuschalten. Die rechte Partei will darauf hinwirken, dass »Miteinander« die Gemeinnützigkeit aberkannt wird.