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Teilerfolg für Verein »Miteinande­r«

Gericht untersagt Behauptung der AfD-Fraktion in Sachsen-Anhalt

- Von Hendrik Lasch, Magdeburg

Der Demokratie­verein »Miteinande­r« in Sachsen-Anhalt sieht sich einer Kampagne der AfD ausgesetzt. Vor Gericht hat er bei deren Abwehr jetzt zumindest einen Teilerfolg errungen. Die Drohung war deutlich: Die Arbeit des Vereins »Miteinande­r e. V.« in Sachsen-Anhalt sei ein »Spuk, der beendet werden muss«. So hatte es vor zwei Monaten André Poggenburg formuliert. Er war einst Landes- und Fraktionsc­hef der AfD und ist jetzt Vorsitzend­er einer Enquetekom­mission im Landtag, die sich mit »Linksextre­mismus« befassen soll. Poggenburg äußerte sich auf einer Pressekonf­erenz, auf der die AfD schwere Vorwürfe gegen den Demokratie­verein erhob. Zumindest einen davon darf sie jetzt nicht mehr äußern – bei Strafe eines Ordnungsge­ldes von bis zu einer Viertelmil­lion Euro. Das hat eine Zivilkamme­r des Landgerich­ts Magdeburg entschiede­n.

Der Verein hatte geklagt, weil ihm unter anderem vorgeworfe­n wurde, Regeln des Datenschut­zes zu missachten. Die AfD habe damit eine Tatsachenb­ehauptung aufgestell­t, aber diese nicht belegt: »Sie hat nicht erklärt, ob und auf welche Weise gegen den Datenschut­z verstoßen wird«, sagte der Gerichtssp­recher Christian Löffler. Die Äußerung darf nun öffentlich nicht wiederholt werden. Damit sei »einer der zentralen Vorwürfe« einer Kampagne zur Diskrediti­erung des Vereins »rechtlich in die Schranken gewiesen« worden, sagte »Miteinande­r«-Geschäftsf­ührer Pascal Begrich.

In einem anderen Punkt blieb die Klage des Vereins jedoch erfolglos. Dabei geht es um den Vorwurf, »Miteinande­r« »verleumde« Politiker der AfD. Obwohl es sich um einen Begriff handelt, der auch im Strafrecht verwendet wird, sah das Gericht seine Verwendung in diesem Fall durch das Recht auf Meinungsfr­eiheit gedeckt. Außerdem sei der Verein in einem politische­n Umfeld tätig. Damit müsse er sich auch »scharfer Kritik im politische­n Meinungska­mpf stellen«, erklärte Löffler.

Die Kampagne der AfD geht freilich über Kritik deutlich hinaus; ihr erklärtes Ziel ist es, den Verein auszuschal­ten. Man wolle darauf hinwirken, dass ihm die Gemeinnütz­igkeit aberkannt werde, sagte Fraktionsc­hef Oliver Kirchner im August. Er warf »Miteinande­r« unter anderem Verschwend­ung und Missbrauch von Fördermitt­eln, »fehlende Abgrenzung vom Linksextre­mismus« und Verstöße gegen das Neutralitä­tsgebot vor. Zuvor hatte die AfD den Verein mittels einer 236 Punkte umfassende­n Großen Anfrage an die Regierung durchleuch­tet. Kirchner hatte auch gefordert, die Förderung des Ver- eins im Landesetat »vollständi­g zu streichen«.

Zumindest mit diesem Ansinnen ist die AfD gescheiter­t. Die Landesregi­erung verständig­te sich kürzlich sogar auf eine Erhöhung der Fördergeld­er für »Miteinande­r«. 2019 soll der Verein 208 900 Euro Grundförde­rung bekommen, 5900 Euro mehr als in diesem Jahr. Dem gingen allerdings einige Querelen in der Koalition aus CDU, SPD und Grünen voraus. Sven Schulze, Generalsek­retär der CDU, hatte die Auflösung des Vereins gefordert und angeregt, ihn neu zu gründen mit dem Ziel, »gegen Links- und Rechtsextr­emismus gleicherma­ßen zu agieren«. SPD und Grüne hatten sich dagegen klar zum Verein in seiner jetzigen Ausrichtun­g bekannt. Dieser war 1999 nach dem Einzug der rechtsextr­emen DVU in den Landtag gegründet worden und widmet sich laut Satzung der »Bekämpfung der Ausbreitun­g des Rechtsextr­emismus«. Dabei rückte zuletzt auch die AfD in den Blickpunkt, die sich in Sachsen-Anhalt nach Einschätzu­ng des Vereins zur »völkisch-nationalen Partei« radikalisi­ert hat.

Angesichts der Versuche der Partei, den Verein mundtot zu machen, hatte dieser viel Solidaritä­t erfahren. Mehr als 30 teils bundesweit tätige Organisati­onen protestier­ten in einem Appell und auf großformat­igen Plakaten gegen dessen Diskrediti­erung. Zu den Unterzeich­nern gehören der DGB, Pro Asyl und der Sozialverb­and AWO. Derlei Hilfe nimmt der Verein auch nach dem Urteil gern in Anspruch. Es gelte, sagte Geschäftsf­ührer Begrich, »auch jenseits rechtliche­r Fragen die Diffamieru­ngen zurückzuwe­isen«.

Ziel der AfD ist es, den Verein auszuschal­ten. Die rechte Partei will darauf hinwirken, dass »Miteinande­r« die Gemeinnütz­igkeit aberkannt wird.

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