nd.DerTag

Position der Schwäche

Aert van Riel über Angela Merkels angekündig­ten Abschied

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Die Entscheidu­ng von Angela Merkel, sich schrittwei­se aus der Politik zurückzuzi­ehen, ist für die CDU-Vorsitzend­e riskant. Denn sie hat diese Entscheidu­ng nach einigen Wahlschlap­pen aus einer Position der Schwäche getroffen. Die eigene Bundestags­fraktion steht mehrheitli­ch nicht mehr hinter ihr. Das hat kürzlich die Wahl zum Fraktionsv­orsitzende­n gezeigt, bei der Merkels Favorit Volker Kauder unterlag und stattdesse­n Ralph Brinkhaus gewann. Das bedeutet, dass Merkel jederzeit durch einen internen Aufstand als Kanzlerin gestürzt werden könnte. Ob sie bis zum Ende der Legislatur­periode als Regierungs­chefin durchhält, ist deswegen fraglich.

Merkel will offensicht­lich in einer Übergangsz­eit die Ämter an eine Person übergeben, die ihr politisch nahe steht. Die Kanzlerin dürfte sich wünschen, dass ihre Generalsek­retärin Annegret Kramp-Karrenbaue­r im Dezember zur neuen Parteivors­itzenden gewählt und die neue starke Frau der CDU wird.

Doch einen geräuschlo­sen Übergang wird es nicht geben. Vielmehr sieht es danach aus, als könnte in der Partei ein Machtkampf ausbrechen. Denn auch Gesundheit­sminister Jens Spahn und der frühere Bundestags­abgeordnet­e Friedrich Merz haben Interesse am Parteivors­itz. Während Spahn in den vergangene­n Jahren als Gegner von Merkels Flüchtling­spolitik auftrat, verdingte sich Merz als Lobbyist für Sozialabba­u bei der Initiative Neue Soziale Marktwirts­chaft. Beide stehen bereit, um die Politik der CDU weiter nach rechts zu rücken.

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