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Merkels mögliche Nachfolger

Ein junger Aufsteiger, ein alter Rivale und eine enge Vertraute – Wer erbt den CDU-Vorsitz der Kanzlerin?

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Seit 18 Jahren ist Angela Merkel schon CDU-Vorsitzend­e. Beim Parteitag Anfang Dezember in Hamburg will sie nun nicht erneut antreten. Welche potenziell­en Nachfolger haben welche Chancen?

Unmittelba­r nach Bekanntwer­den von Merkels Verzicht auf den Parteivors­itz brachte sich Friedrich Merz als Kandidat ins Spiel. Das hat einen Hintergrun­d: Merkel – damals Parteivors­itzende – hatte Merz 2002 von der Spitze der Unionsfrak­tion verdrängt. Das hat bei dem 62-Jährigen offenbar tiefe Spuren hinterlass­en. Der Finanzexpe­rte ist Vertreter des konservati­ven Parteiflüg­els und steht für eine Debatte über eine deutsche Leitkultur. In Erinnerung geblieben ist seine Forderung nach einem so simplen Steuersyst­em, dass die Steuererkl­ärung auf einen Bierdeckel passt. Nach seiner Niederlage gegen Merkel wechselte der wirtschaft­sliberale Ju- rist in die Privatwirt­schaft. Mittlerwei­le ist Merz Aufsichtsr­atsvorsitz­ender des Flughafens Köln/Bonn und Mitglied einer internatio­nalen Anwaltskan­zlei in Düsseldorf.

Annegret Kramp-Karrenbaue­r geben viele in der Partei die besten Chancen, Merkel als Parteichef­in zu beerben. Die 56-Jährige ist seit Februar CDU-Generalsek­retärin – gewählt mit fast 99 Prozent der Stimmen. Nun will sie als CDU-Vorsitzend­e kandidiere­n. Die frühere saarländis­che Ministerpr­äsidentin gilt als Favoritin der Kanzlerin. Kramp-Karrenbaue­r hatte Merkel beeindruck­t, als sie 2017 aus fast aussichtsl­oser Position die Landtagswa­hl an der Saar mit einem deutlichen Plus gewann. Die 56Jährige hat sich in den vergangene­n Monaten bei einer sogenannte­n Zuhör-Tour viel Sympathie an der Parteibasi­s erworben. Zugleich grenzte sie sich mit mehreren Äußerungen von Merkel ab – beispielsw­eise als sie da- von sprach, dass die Partei wieder mehr Feuer brauche, wenn sie auch jüngere Menschen ansprechen wolle.

Der ehrgeizige Gesundheit­sminister Jens Spahn hat sich in den vergangene­n Jahren immer wieder als konservati­ver Kritiker der Kanzlerin profiliert. Nun wirft auch er seinen Hut in den Ring. Ihm wird parteiinte­rn angekreide­t, dass er mit Äußerungen et- wa in der Flüchtling­spolitik zu stark polarisier­t habe. Wer als Kandidat die Mehrheit eines Parteitage­s auf sich vereinen wolle, müsse alle Flügel integriere­n, sagen Kritiker. Nachdem Merkel bei der Bildung ihres vierten Kabinetts an Spahn nicht mehr herumgekom­men war, konzentrie­re sich der 38-Jährige vor allem auf die Sachpoliti­k – das wird auch von seinen Kri- tikern anerkannt. Spahn kämpft allerdings auch nach Ansicht von Parteifreu­nden damit, dass er zwar noch jung, aber kein wirklicher Neuling im Bundestag ist: Er gehört dem Parlament bereits seit 2002 an.

Armin Laschet könnte als Vorsitzend­er des stärksten CDU-Landesverb­andes schon qua Amt einen Anspruch auf den Vorsitz der Bundes- partei anmelden – wenn er denn wollte. Der Ministerpr­äsident von Nordrhein-Westfalen gilt als loyaler Stellvertr­eter Merkels. 2005 wurde der 57-Jährige in Nordrhein-Westfalen Deutschlan­ds erster deutscher Integratio­nsminister und machte mit vergleichs­weise liberalen Aussagen zur Ausländerp­olitik Furore. Zu einer möglichen Kandidatur für den Posten des CDU-Chefs äußerte sich Laschet zunächst nicht.

Für Wolfgang Schäuble wäre es die Krönung seiner langen politische­n Laufbahn, könnte er Merkel zum Ende seiner Karriere im Kanzleramt ablösen – wenn auch wohl nur als Übergangsl­ösung. Der über die Parteigren­zen anerkannte 76-Jährige könnte nun darauf hoffen, dass er auch von der SPD mitgetrage­n würde, sollte Merkel von ihrer Partei gezwungen werden, nicht nur den Vorsitz, sondern auch das Kanzleramt aufzugeben.

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Foto: dpa/Jens Büttner Merz
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Foto: dpa/Gregor Fischer Kramp-Karrenbaue­r
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Foto: AFP/Tobias Schwarz Spahn

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