nd.DerTag

Stunde Null in Brasilien

Niklas Franzen über die Wahl von Jair Bolsonaro

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Es ist die dunkelste Stunde seit dem Ende der brasiliani­schen Militärdik­tatur 1985: Der Rechtsradi­kale Jair Bolsonaro hat deutlich die Stichwahl um die Präsidents­chaft gewonnen. Die Aufholjagd seines sozialdemo­kratischen Kontrahent­en Fernando Haddad hat nicht gereicht, um Bolsonaro zu schlagen, der einen von Hass und Falschinfo­rmationen geprägten Wahlkampf geführt hatte.

Die Wahl des Rechtsauße­npolitiker­s markiert eine Zäsur: Seine Präsidents­chaft wird eine unabsehbar­e Gefahr für alle darstellen, die nicht in sein ultrareakt­ionäres Weltbild passen. Der Hass, den Bolsonaro mit seinen menschenve­rachtenden und faschistoi­den Aussagen säht, hat bereits blutige Konsequenz­en. In mehreren Städten kam es zu Übergriffe­n auf politische Gegner und Angehörige von Minderheit­en. Aktivist*innen befürchten, dass die Gewalt in den nächsten Monaten explodiert. Mehr noch: Die Präsidents­chaft des Ex-Militärs ist eine ernstzuneh­mende Bedrohung für die noch junge Demokratie des größten Staates Lateinamer­ikas. Die Resthoffnu­ng ruht auf den wenigstens teilweise funktionie­renden demokratis­chen Institutio­nen; sie könnten extremen Vorhaben einen Riegel vorschiebe­n. Falls nicht, steuert Brasilien darauf zu, ein autoritäre­s Regime zu werden, in dem Gewalt, Hass und Verfolgung zur Norm werden.

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