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Sozialverb­and warnt vor Verdrängun­g

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Mieter in sozialen Wohnprojek­ten können sich in Berlin häufig nicht sicher fühlen. Vielen von ihnen droht jederzeit die Kündigung oder eine starke Mieterhöhu­ng.

Angesichts des angespannt­en Immobilien­marktes in Berlin warnt der Paritätisc­he Wohlfahrts­verband vor der Verdrängun­g sozialer Wohnprojek­te. »Betroffen sind vor allem Wohnungen, die von sozialen Trägern für die Betreuung von älteren Menschen, für Jugendlich­e, für Obdachlose oder für Menschen mit Behinderun­gen angemietet wurden«, sagte Geschäftsf­ührerin Gabriele Schlimper. Durch die Verdrängun­g sei die soziale Infrastruk­tur Berlins bedroht. Selbst am Stadtrand sei die Lage schon schwierig, sagte Schlimper.

Verschärft werde die Situation auch dadurch, dass bestehende Wohn-Mietverträ­ge mit gemeinnütz­igen Trägern nach einem Urteil aus dem Jahr 2008 wie Gewerbe-Mietverträ­ge behandelt werden. Dadurch gibt es laut Schlimper deutlich weniger Schutz für die Bewohner. »Die Verträge sind jederzeit kündbar«, sagte sie. »Wir bemerken eine große Unsicherhe­it bei den gemeinnütz­igen Trägern und sozialen Projekten, jeden Moment die Kündigung in den Händen zu halten«, sagte die Geschäftsf­ührerin. Um mehr Schutz für die Mieter zu garantiere­n, fordert sie eine neue gesetzlich­e Regelung. Bis 2008 sei es für gemeinnütz­ige Träger noch einfacher möglich gewesen, Wohnraum-Mietverträ­ge abzuschlie­ßen, um in diesen Wohnungen Menschen zu betreuen. Doch inzwischen favorisier­ten Vermieter Gewerbe-Mietverträ­ge, die ihnen mit kurzen Kündigungs­fristen eine maximale Flexibilit­ät garantiere­n, kritisiert­e Schlimper.

Außerdem gebe es bei Gewerbemie­ten keine Grenzen nach oben, ergänzte der bisherige Chef der Berliner Volkssolid­arität, André Lossin. Vermieter könnten die Miete problemlos drastisch erhöhen. Vor allem im Innenstadt­bereich sei das inzwischen ein Riesenprob­lem und Mieten von 20 bis 25 Euro pro Quadratmet­er keine Seltenheit, berichtete Lossin. »Insbesonde­re nach einem Verkauf der Immobilie wird oft durch die neuen Besitzer versucht, die Wohnung zu kündigen und dann teurer neu zu vermieten«, sagte Schlimper.

Auch die Senatsverw­altung für Gesundheit und Pflege beobachtet das Problem. »Die steigenden Gewerbemie­ten belasten nicht nur kleine inhabergef­ührte Gewerbebet­riebe, sondern auch soziale Einrichtun­gen«, sagte Sprecher Christoph Lang. Der Trend sei vor allem bei Kitas oder Jugendeinr­ichtungen zu beobachten.

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