Dekadente Besitzstandswahrer
Das Dokudrama »Kaisersturz« zeigt die letzten Tage der deutschen Monarchie als Kasperletheater
Ein stickiger Konferenzraum, am runden Tisch die SPD-Spitze beim Streit über den richtigen Weg der Partei: Regierung oder Opposition? Wie so oft diskutiert sich Deutschlands Sozialdemokratie die Köpfe heiß, ob es das System stützen oder stürzen will. »Warum sollen wir uns hergeben, für andere die Kastanien aus dem Feuer zu holen?«, fragt ein Sozialdemokrat seinen Parteichef zu dessen Idee einer Regierungsbeteiligung unter konservativer Führung und warnt: »Wenn wir jetzt mit in die Verantwortung gehen, werden wir doch für all das mitverantwortlich gemacht, was wir gar nicht zu verantworten haben!«
Das klingt nach vorigem Februar, als sich die SPD erneut unter christdemokratische Kanzlerschaft presste und seither abwärtstaumelt. In der eingangs erwähnten Szene heißt der Parteivorsitzende allerdings nicht Martin Schulz, sondern Friedrich Ebert, und sein Kritiker nicht Kevin Kühnert, sondern Philipp Scheidemann, der SPD und Vaterland nach einer krachenden Wahlniederlage nicht vor Angela Merkel, sondern im Angesicht einer krachenden Kriegsniederlage vor Max von Baden bewahren will. So jedenfalls schildert das ZDF die politischen Ereignisse vor ziemlich genau 100 Jahren im Dokudrama »Kaisersturz«.
Genau den versucht der spätere Reichskanzler Ebert aus Angst vor einer Revolution nach russischem Vorbild zu erwirken, ohne dabei die Monarchie ganz zu beseitigen. Ein Irrglaube – meint Regisseur Christoph Röhl und gießt die letzten Tage der Ständegesellschaft in bemerkenswert