Irritationen bei Brexit-Gesprächen
EU-Diplomaten widersprechen Meldung über angebliche Einigung
London. Britische Finanzdienstleister sollen einem Medienbericht zufolge nach dem Brexit weiterhin Zugang zu den EU-Märkten erhalten. Unterhändler von Großbritannien und der EU hätten eine vorläufige Vereinbarung für alle Aspekte einer zukünftigen Partnerschaft bei Dienstleistungen sowie beim Datenaustausch erzielt, berichtete die Zeitung »The Times« am Donnerstag unter Berufung auf Regierungskreise. Die Regulierung der Finanzbranche müsse sich dabei an EU-Vorgaben orientieren.
Aus Brüssel kamen Dementis. Im Kurznachrichtendienst Twitter schrieb EU-Chefunterhändler Michel Barnier von »irreführenden Medienberichten«. Die EU sei lediglich bereit, über den Zugang der Finanzdienstleister zu verhandeln. Der vermeintliche Fortschritt sei »Wunschdenken unserer britischen Partner, das offenbar über den völligen Stillstand der Verhandlungen mangels britischer Bewegung hinwegtäuschen soll«, berichtete der »Tagesspiegel« unter Berufung auf Diplomaten.
Für den Finanzplatz London wäre es zu schön gewesen, um wahr zu sein: Man habe im Rahmen der Brexit-Verhandlungen eine Einigung für den Zugang britischer Banken zum EU-Markt erzielt, meldete die Zeitung »The Times«. Doch aus obersten EU-Kreisen kam schnell ein Dementi.
Es wäre auch sehr verwunderlich und ein Riesenerfolg für London gewesen, hätte Brüssel in den derzeit festgefahrenen Verhandlungen einfach so einen seiner wichtigsten Trümpfe aus der Hand gegeben. Denn mit einem Austritt Großbritanniens aus der EU stehen vor allem im Londoner Bankensektor, der eine nicht zu unterschätzende Rolle für die gesamte britische Wirtschaft spielt, Tausende Jobs auf dem Spiel. So verlagern die international agierenden Banken ihre Sitze reihenweise aus London in Städte wie Luxemburg, Paris oder Frankfurt am Main, um auch nach dem Brexit Zugang zum EU-Markt zu haben. Die Hessische Landesbank etwa prognostizierte jüngst, dass in der Mainmetropole aufgrund des Brexits mindestens 8000 Finanzjobs entstehen werden. Das sind 8000 höchstbezahlte Jobs, die folglich in London fehlen werden.
Insofern zeugt die Meldung über eine angebliche Einigung von britischem Wunschdenken statt vom wirklichen Stand der Verhandlungen.