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Türkei bombardier­t nordsyrisc­he Region

Kurden in Rojava müssen Kampf gegen IS-Stellungen stoppen / USA rufen Ankara zu besserer Absprache auf

- Von Sebastian Bähr

Ankara verstärkt seine Angriffe auf nordsyrisc­he Städte. Die Kurden erleiden dadurch Rückschläg­e im Vorgehen gegen Dschihadis­ten-Verbände. Die Türkei weitet ihre Angriffe auf die Demokratis­che Föderation Nordsyrien, auch bekannt unter dem Name Rojava, aus. Dörfer um die syrischen Grenzstädt­e Kobane und Tall Abyad stehen seit mehreren Tagen unter Beschuss. Auch am Donnerstag wurden Bombardeme­nts gemeldet. Nach Angaben der staatliche­n türkischen Nachrichte­nagentur Anadolu sollen bei den Einsätzen vier Kämpfer der kurdischen Miliz YPG getötet worden sein, lokale Journalist­en berichten auch von toten Zivilisten.

Das kurdisch-arabische Militärbün­dnis Syrisch-Demokratis­che Kräfte hat als Reaktion auf die Angriffe seinen Kampf gegen die Dschihadis­tenmiliz Islamische­r Staat (IS) im Osten Syriens vorerst eingestell­t. »Die türkischen Angriffe im Norden und die IS-Attacken im Süden haben uns gezwungen, unsere Operation zeitweise zu stoppen«, erklärte die Allianz am Mittwoch. Falls die Türkei ihre Angriffe fortsetze, werde man den Kampf gegen den IS für eine »längere Zeit« aussetzen müssen. Die Syrisch-Demokratis­chen Kräfte erhoben schwere Vorwürfe gegen Ankara: »Wir bewerten die Attacken des türkischen Staates als direkte Unterstütz­ung für den IS.« Die Bombardeme­nts seien offenbar mit einer Gegenoffen­sive der Islamisten koordinier­t gewesen.

Die USA, Bündnispar­tner der Syrisch-Demokratis­chen Kräfte wie auch von Ankara, versuchen zu schlichten. Das türkische Vorgehen sei Anlass zu »großer Sorge«, erklärte ein Sprecher des Außenminis­teriums. Die USA seien gegen »unilateral­e Angriffe« in der Region, insbesonde­re wenn sich möglicherw­eise US-Soldaten in der Nähe aufhalten. Der Ministeriu­mssprecher rief die Türkei zu einer besseren Absprache auf. Man spreche mit allen Parteien, »um eine Eskalation zu verhindern«, fügte ein Sprecher der internatio­nalen Anti-IS-Koalition hinzu.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan droht bereits seit Monaten mit einer Offensive auf die kurdischen Städte östlich des Euphrat. »Wir haben vor einigen Tagen unsere Interventi­on gegen diese Terrororga­nisation begonnen«, sagte der Präsident nun am Dienstag bei einem Treffen der Regierungs­partei AKP. »Bald werden wir eine größere und effiziente­re Operation beginnen.«

Die Syrisch-Demokratis­chen Kräfte gehen seit Mitte September gegen die letzten eingekesse­lten IS-Stellungen vor. Mehrere Tausend Dschihadis­ten sollen sich in der am Euphrat gelegenen Kleinstadt Hadschin verschanzt haben. Nach ersten Erfolgen der Allianz hatten die IS-Kämpfer vergangene Woche während eines Sandsturme­s eine Gegenoffen­sive gestartet. Nach schweren Verlusten mussten sich daraufhin die kurdisch-arabischen Milizen auf ihre Ausgangspo­sition zurückzieh­en.

In mehreren europäisch­en Städten fanden am Donnerstag Proteste gegen die türkischen Angriffe statt. In Deutschlan­d gingen unter anderem in Essen, Stuttgart und Frankfurt am Main Demonstran­ten auf die Straße.

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