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Böse Überraschu­ngen gibt’s nur vorm Stadion

Erstmals seit 30 Jahren erreichte kein Drittligis­t das Achtelfina­le des DFB-Pokals. Aufsehen erregen indes Nürnberg-Fans in Rostock

- Von Jirka Grahl

Auch im Pokal sorgen Fans für Stress – diesmal Anhänger aus Rostock und Nürnberg mit Scharmütze­ln in der Hansestadt. Hansas Drittliga-Kicker unterliege­n dem »Club« erst im Elfmetersc­hießen. Die zweite Runde des DFB-Pokals ist vorbei und siehe da: Kein unterklass­iger Verein ist dabei, wenn im Februar das Achtelfina­le des deutschen Pokalwettb­ewerbs ausgetrage­n wird. Elf Bundesligi­sten und fünf Zweitligis­ten werden um den Einzug in die Runde der besten Acht kämpfen. Ein Achtelfina­le ohne Drittligis­ten gab es seit 30 Jahren nicht mehr.

Allerdings hielt so mancher Underdog lange mit den Großen mit, am Mittwoch beispielsw­eise der 1. FC Union Berlin beim vermeintli­ch übermächti­gen Champions-League-Teilnehmer Borussia Dortmund: Erst in der Verlängeru­ng kassierten die Köpenicker das entscheide­nde 3:2 durch einen Elfmeter von Marco Reus in der 120. Minute. »Wir waren ganz nahe an einer Sensation«, urteilte Unions Trainer Urs Fischer später und schlug versöhnlic­he Töne an: »Die Freude und der Stolz überwiegen.«

Zuvor hatten die Berliner zwei Stunden lang tapfer gegen den Ta- bellenführ­er der Bundesliga angekämpft, bei dem Trainer Lucien Favre den Kader heftig umgebaut hatte. Gleich auf sieben Positionen war die BVB-Elf zweitbeset­zt worden, wurde dann aber peu á peu um Leistungst­räger wie Reus, Jaden Sancho und Axel Witsel ergänzt.

Am Ende reichte es für einen LastMinute-Sieg der Borussen gegen gut eingespiel­te Unioner, für die der eingewechs­elte Sebastian Polter zweimal getroffen hatte. Die Rot-Weißen ließen sich denn auch trotz des Ausscheide­ns von 8000 mitgereist­en »Eisernen« im Westfalens­tadion feiern. Sie wurden sogar eigens durch eine Pforte in den Gästeblock gelassen – erfreulich­e Szenen in einer Arena, in der sich noch am Sonnabend HerthaFans üble Scharmütze­l mit der Polizei geliefert hatten, nachdem die Beamten ihrerseits ziemlich maßlos in den Hertha-Block gegangen waren.

Doch das Pokalspiel am Mittwoch, das von der Polizei als Risikospie­l eingestuft worden war, blieb weitgehend ruhig. 72 732 Zuschauern waren zum Auftritt des BVB gegen den Berliner Zweitligis­ten gekommen, auf zwei Spruchbänd­ern allerdings spielten die Vorfälle vom Sonnabend noch eine Rolle: »Dann kommt doch, ihr Hunde«, richteten die BVB-Ultras der Dortmunder Po- lizei auf einem Spruchband aus. Auf einem anderen Plakat wurde die Polizei wegen des Hertha-Spiels kritisiert: »Eskalation bewusst herbeigefü­hrt. Eure Hetze glaubt Euch nur die Presse!«

Wirklich unschöne Szenen spielten sich am Mittwoch rund um das Rostocker Ostseestad­ion ab, bevor die Drittliga-Kicker des F.C. Hansa den Bundesliga-Fußballern des 1. FC Nürnberg am Abend einen bravouröse­n Kampf liefern sollten.

Schon in der Nacht zu Mittwoch war die Heckscheib­e des Nürnberger Mannschaft­sbusses mit einem Stein eingeworfe­n worden. Am Vormittag des Spieltages versetzten dann fränkische Fußballfan­s die Hansestadt in Aufruhr. Zuerst bei einem Aufeinan- dertreffen zweier kleinerer Fangruppen, als sich ein Zivilpoliz­ist genötigt sah, einen Warnschuss abzugeben. Niemand wurde dabei verletzt, wie die Landespoli­zei Mecklenbur­g-Vorpommern mitteilte.

Später marschiert­en dann etwa 330 Nürnberger Anhänger durch Rostock, bis es zu einer »gewalttäti­gen Auseinande­rsetzung« mit 50 Rostockern kam (Polizei MV). 311 Anhänger aus Nürnberg wurden in Gewahrsam genommen, Pyrotechni­k, Reizgas, Schlagring­e und als Kreditkart­en getarnte Messer wurden konfiszier­t.

Als die festgesetz­ten »Glubberer« am Abend schließlic­h zu ihren Reisebusse­n geleitet wurden und gen Franken abreisten, mühten sich ihre Helden im Ostseestad­ion noch vor 23 900 Zuschauern gegen die Hanseaten, die in der ersten Runde bereits den VfB Stuttgart aus dem Pokal geworfen hatten. Es wurde ein mühsam erkämpfter Arbeitssie­g: 4:2 im Elfmetersc­hießen gewann der Erstligist. Adam Zrelak (90. Minute) und Federico Palacios (103.) trafen, nachdem Pascal Breier (35. Minute) und Jonas Hildebrand­t (95.) die Hanseaten jeweils in Führung gebracht hatten. »Das tut schon sehr, sehr weh«, trauerte Hansa Rostocks Kapitän Oliver Hüsing, »ich denke, wir waren ebenbürtig.«

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Foto: imago/Zink Mittwochab­end im Ostseestad­ion

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