In Berlin gibt es seit Anfang des Monats einen Qualitäts-Check für verbotene Rauschmittel.
In Berlin gibt es ab jetzt einen Qualitätscheck für Rauschmittel.
Unter Drug-Checking versteht man die chemische Analyse von illegalisierten Substanzen, um potenzielle Konsument*innen über die genauen Inhaltsstoffe aufzuklären.
Das ://about blank ist ein Clubkollektiv mit linksradikalem Anspruch im Osten Berlins. Regelmäßig ruft der Club zu Demonstrationen auf, beteiligt sich an antirassistischen und antisexistischen Bündnissen oder veranstaltet selbst politische Events. So auch am vergangenen Mittwoch. Wo ansonsten treibende Techno-Beats durch die engen Räume schallen, lud der Verein Helle Panke von der Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin zu einer Diskussionsveranstaltung ein, für die es wohl kaum einen besseren Ort, als einen Technoclub geben konnte. Es ging um das Drug-Checking-Projekt, dass in Berlin seit dem 1. November läuft. Und wie sonst an den Wochenenden war auch diesmal der Club voll. Am Einlass bildete sich eine lange Schlange.
Kein Wunder, dass das Interesse am Thema Drug-Checking so groß ist. Drogen gehören, trotz aller Kriminalisierung, immer schon zur Alltagskultur, nicht nur in Berlin. Illegalisierte Substanzen machen auch nicht zuletzt den Reiz für viele Tourist*innen aus aller Welt aus, in die »Partyhauptstadt« zu kommen. Drogen aller Art sind hier häufig verhältnismäßig leicht zu bekommen.
Es gehe um die »Anerkennung der Realität des Konsums«, so fasste Niklas Schrader, Drogenpolitischer Sprecher der LINKEN im Berliner Abgeordnetenhaus die Ausgangslage für die aktuelle Initiative der rot-rot-grünen Koalition auf der Veranstaltung zusammen. Die Regierung hatte im Koalitionsvertrag ein Paket zur »Vermeidung der Begleitrisiken von Drogenkonsum« angekündigt. Drug-Checking sollte ein Teil davon sein.
Unter Drug-Checking versteht man die chemische Analyse von illegalisierten Substanzen, um potenzielle Konsument*innen über die genauen Inhaltsstoffe aufzuklären. Dadurch kann für die Nutzer*innen genauer bestimmt werden, was in dem Pulver oder der Pille drin ist. Neben Verunreinigungen, beispielsweise durch Streckmittel, sind auch genaue Aussagen über den Wirkstoff und dessen Dosierung möglich. Dies findet statt in Kombination mit einer Aufklärung über die gesundheitlichen Risiken, die Wirkung und darüber, wie Folgeerscheinungen minimiert werden können. Auch Angebote zur Suchtberatung soll es geben.
Um das Modellprojekt zu verwirklichen, stellt der Berliner Senat in den Jahren 2018 und 2019 insgesamt 150 000 Euro dafür bereit. Mit der Umsetzung beauftragt sind die Suchthilfeorganisation Fixpunkt, die Schwulenberatung Berlin sowie die ambulante Suchtberatung vista. Stephan Jäkel von der Schwulenberatung machte deutlich, dass die Träger ursprünglich dreimal soviel Geld gefordert hatten, gleichzeitig sei er froh, dass »erstmals überhaupt Mittel freigegeben« wurden. 1995 versuchte der Verein Eve & Rave in Zusammenarbeit mit der Charité ein Pilotprojekt für Drug-Checking auf den Weg zu bringen. Dies schien damals politisch nicht gewollt: Laut Angaben des Vereins musste die Arbeit wegen einer Anzeige und den »darauf folgenden Aktivitäten von Polizei und Justiz« eingestellt werden.
Rot-Rot-Grün wagt nun den neuen Versuch einer alten Idee. Bereits im rot-schwarzen Senat war das Drogentesten vereinbart worden, wurde jedoch nicht umgesetzt. In der rot-rot-grünen Regierung waren es dann auch vor allem Grüne und die LINKE, die das Thema nach vorne getrieben haben. Catherina Pieroth, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen ist daher erfreut über den Start der Initiative: »Drug-Checking stärkt den gesundheitlichen Verbraucherschutz und die Beratung über Konsumrisiken«, so Pieroth. »Nur so können wir Menschen, die Drogen konsumieren, aufklären.«
Die Opposition sieht das Vorhaben kritisch. Florian Kluckert von der FPD teilte mit: »Es werden Unsummen von Geldern für Rechtsgutachten und Machbarkeitsstudien zur Cannabisfreigabe verschleudert, statt die Mittel für eine vernünftige Drogenprävention und Suchtmittelbekämpfung einzusetzen.«
Verschiedene Beispiele aus ganz Europa widersprechen dieser Sicht. Drug-Checking wird bisher zum Beispiel erfolgreich in Österreich, den Niederlanden und der Schweiz durchgeführt. Anton Luft von der Wiener Initiative checkit berichtete via Videobotschaft auf der Veranstaltung davon, dass durch das Drogentesten die Substanzen, die im Umlauf sind, reiner geworden seien und die Warnungen vor verunreinigten Substanzen helfen würden. Dort, wo es bereits stattfindet, klappt Drug-Checking auch.
In Berlin soll nun im Gegensatz zu anderen Drug-Checking-Methoden, die mobil und direkt auf Partys die Substanzen überprüfen, drei stationäre Orte installiert werden, zu denen die Nutzer*innen gehen können, um ihre Substanzen kostenfrei und anonym überprüfen zu lassen. Nach einigen Tagen soll das Ergebnis vorliegen. Es gehe nicht darum, »den Konsum zu problematisieren«, so Jäkel, sondern darum, einen Anlaufpunkt zu bieten und Klarheit zu schaffen, was genau konsumiert werde.
Bevor es allerdings wirklich losgehen kann, müssen noch rechtliche Fragen geklärt werden. »Aufgrund der geltenden Rechtslage kann das Projekt momentan nur mit einer Ausnahmegenehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel- und Medizinprodukte durchgeführt werden«, sagt der Sprecher der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung, Christoph Lang. »Deshalb wird zunächst ein externes Gutachten zur rechtlichen Machbarkeit eines Drug-Checking eingeholt«. Dabei soll beispielsweise geklärt werden, wie verhindert werden kann, dass die Polizei vor den Standorten des warte, und gezielt Passant*innen kontrolliert. Dies sei die größte Hürde, meint eine potenzielle Nutzerin und Teilnehmerin der Veranstaltung. »Es müsste auf jeden Fall geklärt sein, dass man vor den Standorten nicht mit der Polizei zu tun haben wird«.
Denn der Besitz von Drogen bleibt strafbar. Ab zehn Gramm Haschisch oder Marihuana kann in Berlin ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden. »Wir müssen dahin kommen, dass die Polizei nicht von einem Anfangsverdacht ausgeht«, so Astrid Leicht von der Initiative Fixpunkt. Bis dies allerdings geklärt ist, sei es »noch offen, wann die erste Proben wirklich entgegen genommen werden können«, ergänzt Leicht.